Uwe Müller betreibt in seinem Garten
eine riesige Modellbahnanlage Schon fast sein gesamtes Leben begleiten Uwe Müller Modelleisenbahnen, früher die kleinen, heute die großen. In seinem Garten in Echem hat der 67-Jährige eine riesige Modellbahnanlage aufgebaut, die regelmäßig Schaulustige anzieht. „Im Grunde ist es eine Spielbahn. Mir macht es einfach Spaß, die Eisenbahn zu haben”, sagt Uwe Müller. Als Kind bekam der gebürtige Geesthachter, der in Schwarzenbek aufgewachsen ist, Anfang der sechziger Jahre seine erste Modelleisenbahn – eine Trix Express der Spur H0 mit dem Maßstab 1:87. „Früher hat jeder Junge irgendwann eine Eisenbahn bekommen, das gehörte zu den Geschenken dazu”, erinnert er sich. Im Jugendalter stieg er aus Platzgründen auf die kleinere Spur N um, die einen Maßstab von 1:160 hat. Nach dem Abitur ging Uwe Müller zur Bundeswehr, und seine Begeisterung für Eisenbahnen pausierte für viele Jahre. Erst mit Ende 20, um 1982, knüpfte Uwe Müller an seine Eisenbahnliebe an. „Ich hatte eine Drei-Zimmer-Wohnung in Wunstorf und habe wieder mit der Spur N angefangen”, erzählt er. Zu dieser Zeit lebte er alleine und nutzte ein gesamtes Zimmer für seine Modelleisenbahn. „Dafür habe ich die Restbestände aus einem Laden in Hannover aufgekauft.” Seine erste große Lok der Spur G mit einem Maßstab von 1:22,5 kaufte er sich 1983 in einem Spielwarenladen in Wunstorf. „Die Eisenbahn hat eine Spurbreite von 4,5 Zentimetern – da kann ich auch mit meinen großen Händen was anfassen”, erklärt er.

Spur G: nichts für drinnen

1988 beendete Uwe Müller seine Piloten-Laufbahn bei der Bundeswehr und flog ab nun für eine Fluggesellschaft. „Da war erstmal Schluss mit der Eisenbahn. Ich hatte andere Interessen und bin viel gereist”, erzählt er. Seine gesamte Eisenbahn der Spur N verkaufte er auf dem Flohmarkt, behielt aber seine große G-Lok mit einem kleinen Schienenkreis. 1997, Müller hatte gerade ein Haus in Lüneburg gekauft, baute er für seine große Eisenbahn die erste kleine Anlage im Garten. „Ich habe es auch drinnen probiert, brauchte dafür aber das ganze Erdgeschoss”, so Müller. „Drinnen ist das nichts – die Türen gehen nicht zu, die Bahn staubt ein und man stolpert drüber.” Draußen baute er die Anlage etwas erhöht, um aus einem besseren Blickwinkel die Details betrachten zu können. 1997 lernte Müller auch seine Frau kennen, mit der er drei Jahre später zusammenzog und drei Kinder bekam. Ihr Reihenhaus in Lüneburg verließen sie 2016. Mit den Nachbarn hatte es wegen der Eisenbahn, die richtige Zuggeräusche, Bahnhofsansagen und andere Geräusche von sich geben kann, immer wieder Ärger gegeben. In Echem hat er nicht nur eine entspanntere Nachbarschaft, was die Eisenbahn angeht – hier gibt es auch viel Platz im Garten. So erstreckt sich seine Modellbahnanlage heute auf einer Schienen-Gesamtlänge von 240 Metern mit verschiedenen Kreisen, auf denen bis zu vier Züge gleichzeitig ihre Runden drehen können. Die wetterfeste Modelleisenbahn der Größe G wurde eigens für die Nutzung im Garten entwickelt. Die LGB, was für Lehmann-Groß-Bahn oder Lehmann-Garten-Bahn steht, stammt vom Nürnberger Modellbahnhersteller Ernst Paul Lehmann Patentwerke OHG und gehört seit 2007 zur Firma Märklin. Ein besonderes Thema oder einen Schwerpunkt gibt es auf Uwe Müllers Anlage nicht. „Ich baue, was mir gefällt, es ist alles Freestyle”, erklärt der 67-Jährige. Seit einigen Jahren hat der Rentner auch eine Eisenbahn mit kleinerem Maßstab im Keller. „Die ist detaillierter. Da kann man verschiedene Epochen bauen. Aber draußen soll es mir einfach gefallen.” Vom Umfang her wachsen soll die Eisenbahn, die in Echem wie zuvor in Lüneburg im hinteren Teil auf einem Plateau gebaut ist, nicht mehr. Schon so macht sie viel Arbeit. So müssen nicht nur die Schienen und Loks gepflegt werden, auf der Anlage muss auch regelmäßig Unkraut gezupft werden, damit die Züge ungehindert fahren können. Uwe Müller ist zwar stolz, dass regelmäßig Besucher zum Angucken der Anlage kommen – doch bei den anfallenden Arbeiten hilft ihm keiner. Die Einzigen, die ihm gelegentlich bei der Pflege von Loks und Anlage helfen, sind seine Kinder. Diese wurden schon früh an Eisenbahnen herangeführt – zunächst mit einer Eisenbahn aus Holz, dann Duplo, Lego und Playmobil. Früher war die Playmobil-Eisenbahn sogar kompatibel zur LGB, stellte aber später auf eine eigene Spurbreite um. Müllers Kinder mit ihren 16 bis 20 Jahren haben aber inzwischen andere Interessen und helfen ihrem Vater nur gelegentlich. Sein ältester Sohn findet immerhin Gefallen daran, die Fahrten der Züge auf dem Computer zu programmieren, die Uwe Müller hingegen mit Handreglern steuert.

 

 

Kein Kinderspielzeug

50 Loks und 250 Waggons nennt Uwe Müller sein Eigen. Die meisten befinden sich gut verpackt im Keller, nur etwa zehn Loks lässt er regelmäßig in den Garten raus- und dort herumfahren. Einige hat er noch nie ausgepackt. Ein besonderer Clou an Müllers selbstgebautem Haus ist ein extra für die Bahn im Mauerwerk eingelassenes Loch, durch das wie durch einen Tunnel die Bahnen direkt von seinem Keller in den Garten fahren können. Abends fahren sie einfach wieder in den Keller, wo sie gut geschützt auf dem Abstellgleis stehenbleiben können. So muss der Modellbahner die Züge nicht mühsam raus- und reintragen, zumal sie durch ihre Größe nicht leicht sind. Auch durch ihren hohen Preis eignen sich vor allem die Loks nicht für die Nutzung als Kinderspielzeug. So besitzt Uwe Müller Lokomotiven, die bis zu 2.000 Euro kosten, etwa ein Drittel hat er gebraucht gekauft. Ihr Wert hat ihn dazu veranlasst, sein Grundstück mit Kameras zu überwachen und die Schienen festzuschrauben, um dem Diebstahl vorzubeugen. Uwe Müller muss seine Modellbahnanlage nicht nur vor Dieben schützen. Auch Stürme und Unwetter setzen dem Gelände stark zu. Seine Züge holt er abends ins Haus, doch die Häuser und Kleinteile auf der Anlage nehmen durch Wind und Wetter Schaden. „Die Stürme haben viel kaputt gemacht”, erklärt Müller. „Ich kaufe keine neuen Häuser mehr, die besorge ich auch mal über Ebay Kleinanzeigen. Einige sind auch festgeschraubt.” Ihm schweben für die Zukunft noch dekorative Details vor, zum Beispiel ein Bierwagen mit Pferdegespann, eine Seilbahn und eine Zahnradbahn. Auch an seinem solarbetriebenen Wasserfall tüftelt er noch. Und obwohl er weiß, dass Steine und Beton im Garten nicht gern gesehen sind, sorgen sie für weniger Unkraut, das er mühsam jäten muss. Von der Idee, die Eisenbahn ums ganze Haus fahren zu lassen, hat er wieder Abstand genommen – es wäre einfach zu viel Arbeit. „Inzwischen muss für mich alles simpel sein”, meint er. „In den letzten Tagen habe ich jeweils zwölf Stunden hier verbracht.” Wartung und Reparatur würden so viel Zeit in Anspruch nehmen, dass eine Vergrößerung der Anlage für ihn nicht in Frage komme.

Hobby für ihn allein

Beim Bau seiner Modellbahnanlage musste Uwe Müllers ganze Familie mithelfen. 160 Tonnen Füllsand ließ der Echemer heranschaffen. Am Computer entwarf er eine Zeichnung vom Gelände, dann wurden der Sandberg gesetzt und eine Mauer außen herum erstellt. Um von der Anhöhe auf das Niveau des Kellers zu kommen, in den die Züge abends fahren, war ein Höhenunterschied erforderlich, der einigen Zügen zu schaffen macht. „Bergabfahren ist kein Problem, aber einige Loks sind bei der starken Steigung zu leicht, so dass ich Gewichte anbauen musste”, erklärt er. Rund vier Jahre hat es gebraucht, um die Anlage in Müllers Garten in den jetzigen Zustand zu versetzen. Seine Frau unterstützte ihn in den Anfangsjahren intensiv, doch inzwischen überlässt sie sein „Spielzeug” ihm und arbeitet lieber in ihren neu angelegten Beeten am anderen Ende des Gartens. Fahren können Müllers Gartenbahnen das ganze Jahr. Selbst Schnee schadet ihnen nicht, solange es Pulverschnee ist. Ist der Schnee zu feucht, bildet sich auf den Schienen eine Eisschicht, die die Stromversorgung stört. Bei starker Hitze im Sommer ist zu beachten, dass sich das Messing der Schienen ausdehnt. Damit sich die Schienen nicht nach oben wölben, müssen zwischen den einzelnen Schienenelementen ein paar Millimeter Platz gelassen werden. Uwe Müller hat Spaß an seinem XXL-Hobby, doch manchmal wünscht er sich Gleichgesinnte, die mit ihm zusammen an seiner Anlage rumwerkeln. Auch die Treffen der LGB-Freunde Norddeutschland machten ihm irgendwann keine Freude mehr, so dass er keinem Modellbahn-Verein angehört und ihm der Austausch fehlt. „Viele kommen zum Gucken und kurzzeitig zum Spielen vorbei, aber man kriegt keinen mehr dazu, dabei zu bleiben”, sagt Uwe Müller. „Dabei kann man alles mit der Eisenbahn machen, ich halte sie für pädagogisch wertvoll und lehrreich. Auch von der Größe her kann es jeder packen.” Sein Hobby sei sehr vielseitig, führt der 67-Jährige aus: „Man kann Schienen bauen, Häuser bauen, mit Sand und Beton bauen, sich mit Elektrik und Elektronik beschäftigen – man kann mit der Eisenbahn den gesamten handwerklichen Bereich abdecken, es wird nicht langweilig. Ich freue mich jedes Mal, wenn die Lok vorbeikommt. Ich finde es einfach schön, wenn sich die Bahn da durchschlängelt.” Für die authentische Bahnhofs-Atmosphäre sorgen auf seinem Grundstück nicht zuletzt ein Eisenbahnsignal in Originalgröße sowie ein altes Original-Bahnhofsschild von Echem. Das Schild wurde ihm angeboten, als Echem ein Bahnhaltepunkt wurde. (JVE)

 

Ein Hobby für große Hände
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