Die Gefahr, in Deutschland an Hautkrebs zu erkranken, steigt –

nicht nur im Sommer, auch über die „Hauptsaison“ hinaus.

Doch viele ignorieren das Risiko 

Es begann mit einer kleinen Hautveränderung am Hals. Zunächst hatte Marion P., die in einer Bäckerei in der Lüneburger Innenstadt arbeitet, dem keine Bedeutung beigemessen. „Ich wurde zwar schon mal von Freundinnen darauf angesprochen, aber es hat nie weh getan und darum habe ich mir auch keine großen Gedanken gemacht.“

Schockdiagnose: Malignes Malinom

Dann holte sie sich aber doch einen Termin beim Hautarzt, schon etwas besorgter, weil es angefangen hatte, stärker zu jucken. Ihr Hautarzt entfernte die betroffene Hautregion sofort. Eine Woche später um 7 Uhr morgens der Anruf aus der Praxis: „Da wusste ich schon, dass etwas nicht stimmen kann.“ Die Diagnose: Malignes Melanom. Schwarzer Hautkrebs!

In einer OP am Klinikum Lüneburg wurden der 37-jährigen der Rest des bösartigen Gewebes und seine Lymphknoten zwischen dem linken Ohr und dem Kehlkopf entfernt. Ein erstes Aufatmen: „Drei Wochen nach der Diagnose war ich tumorfrei. Zumindest konnten in den Lymphknoten keine Krebszellen gefunden werden. Das war gerade noch rechtzeitig, sagte man mir im Krankenhaus…“

Das maligne Melanom geht von den pigmentbildenden Zellen der Haut oder Schleimhaut aus, den sogenannten Melanozyten. Als wichtigste Ursache gilt eine starke, wiederkehrende UV-Belastung mit Sonnenbränden, wobei vor allem die Sonnenbestrahlung im Kindes- und Jugendalter eine Rolle spielt. Vereinfacht gesagt: Jeder von uns hat ein individuelles UV-Sonnenkonto mitbekommen, auf dem jeder Hautschaden, also hauptsächlich Sonnenbrände, verbucht wird. Ist das Konto einmal voll, erhöht sich das Risiko, dass Krebszellen entstehen und unkontrolliert wachsen können. Wenn man es ganz hart ausdrücken wollte, könnte man sagen, Hautkrebs sei die späte Rache für frühe Sünden.

 

Tatsächlich scheint das auch bei Marion P. eine mögliche Ursache zu sein, wie sie selbst zugibt: „Ich mochte den Sommer bisher immer besonders, wenn es über 25 Grad waren, ging es ab ins Freibad. Schon als Kind konnte ich davon nicht genug bekommen, hat mir meine Mutter jüngst erst wieder erzählt. Wie viele andere Menschen dachte ich, dass es eine „gesunde Bräune“ gibt. Heute weiß ich, Bräune zeigt immer eine Schädigung der Haut an.“ Mangelnder UV-Schutz gefährlich

Was viele nicht wissen: Mit weit mehr als 200.000 Neuerkrankungen pro Jahr ist Hautkrebs die häufigste Krebserkrankung in Deutschland. Und die Zahlen steigen immer weiter an, zweistellig in jedem Jahr. Grund: Der Klimawandel bringt mehr wolkenlose Tage und damit vermehrt ultraviolette Strahlung. 1935 lag das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken, gerade einmal bei 1:1.500. 2020 hingegen konnte die Wahrscheinlichkeit bereits mit 1:45 gemessen werden. Besonders junge Frauen, die oftmals auch auffällig viele Leberflecken haben, sind betroffen, wie Studien zeigen: Die 34- bis 39-Jährigen leiden heute dreimal so häufig unter schwarzem Hautkrebs wie vor 20 Jahren. Streut der Krebs, wird er zur tödlichen Gefahr. Schwarzer Hautkrebs streut immer, wenn er nicht rechtzeitig entfernt wird. Beim (glücklicherweise) weitaus häufiger diagnostizierten weißen Hautkrebs streut dagegen „nur“ etwa jeder zehnte Tumor. Die Metastasen gelangen über die Blutbahnen schnell in die Organe: Leber, Bauchspeicheldrüse, Knochen, Hirn. Ist das der Fall, sterben bis zu 90 Prozent der Patienten innerhalb von fünf Jahren. Positiv: Wird Hautkrebs rechtzeitig erkannt, ist es zu fast 100 Prozent heilbar, denn der Krebs braucht zwei Jahre, bis er gefährlich wird. Bis er also in die Tiefe wächst und dann auf Gefäße oder Lymphe trifft, in die er streuen kann. Beim schwarzen Hautkrebs ist die OP immer die erste Wahl. Seit Kurzem zeigt bei bestimmten Melanomen, die schon Tochtergeschwulste gebildet haben, aber auch eine Chemotherapie Behandlungserfolge. Den hellen Hautkrebs kann man, je nach Gewebetiefe, auch ohne OP mit einer fotodynamischen Lichttherapie behandeln; dabei wird durch Bestrahlung Tumorgewebe zerstört. Auch Cremes und Gels mit immunsteigernden Subs-tanzen helfen gut; sie lassen die Krebszellen absterben, müssen sechs bis zwölf Wochen täglich angewendet werden. So haben Wissenschaftler der Universitätsmedizin Rostock (UMR) weißen Hautkrebs nach eigenen Angaben erfolgreich mit radioaktiver Paste behandelt. „Alle teilnehmenden Patienten zeigten ein Ansprechen und die meisten waren langfristig geheilt“, bestätigt Dermatologe Steffen. Das neuartige Verfahren müsse jedoch noch weiter evaluiert werden, sagt Ralf Gutzmer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie.

Hilfsmittel: ABCDE-Regel

Grundsätzlich erkennt man schwarzen Hautkrebs nach der ABCDE-Regel: Asymmetrie, Begrenzung, Color – also Farbe –, Durchmesser, Erhabenheit. Wenn Sie also eine Hautveränderung haben, die gleichförmig, ebenmäßig und klein ist, ist es unwahrscheinlich, dass das Hautkrebs ist. Abklären lassen sollten Sie es trotzdem. Speziell im Sommer, aber auch außerhalb der „Hauptsaison“ im Herbst sollte man sich immer gut mit Sonnencreme einreiben und dabei nicht zu sparsam sein. Die Eigenschutzzeit der Haut beträgt je nach Hauttyp ungefähr 10 bis 30 Minuten. Durch Sonnencreme kann die Schutzzeit einmalig verlängert werden. Diese errechnet sich aus der Eigenschutzzeit multipliziert mit dem verwendeten Lichtschutzfaktor. Cremt man sich zweimal ein, verdoppelt sich der Lichtschutzfaktor übrigens nicht. Nachcremen heißt nicht, dass sich der Schutz immer wieder aufs Neue verlängert. Er erhält ihn lediglich. Dass man im Schatten keinen Sonnenbrand bekommen kann, ist übrigens auch ein gefährlicher Mythos: Die UV-Strahlen machen vor Schattenplätzen nicht halt. Zudem reflektieren Gebäude oder Wasser die Strahlen. Allerdings ist Schatten immer besser als pralle Sonne. Für die Lüneburgerin Marion P. steht demnächst die erste größere Nachuntersuchung beim Hautarzt an. Hierbei werden die gesamte Haut und die Lymphknotenstationen untersucht. Ergänzend findet auch eine Ultraschalluntersuchung statt. Zudem wird ein sogenannter Tumormarker bestimmt: „Ich hoffe, man findet nichts und ich habe den Krebs wirklich besiegen können. Die Fehler der Vergangenheit werde ich jedenfalls nicht mehr machen. Ich liebe die Sonne immer noch, doch den Schatten noch mehr.“ (RT)

Foto:Jürgen Fichle/Fotolia

 

 

Die Schattenseite der Sonne
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