Foto Niklas Golitschek

Patrick Evel ist neuer Pflegedirektor am Klinikum Lüneburg

Schon in seiner Kindheit lernte Patrick Evel den Pflegeberuf kennen. Seine Mutter ist Krankenschwester, wie es im Volksmund immer noch genannt wird. Der Pflegeberuf wurde seitdem mehrmals umbenannt, doch eins ist geblieben: Pflegekräfte werden überall gebraucht, Auszubildende dringend gesucht. Als neuer Pflegedirektor des Klinikums Lüneburg setzt sich Patrick Evel dafür ein, dass der Pflegeberuf wieder als attraktiv wahrgenommen wird.

Aufgewachsen ist Patrick Evel in der Nähe von Magdeburg. Als Kind durfte er gelegentlich seine Mutter – heute Stationsleitung an der Uniklinik in Magdeburg – zur Arbeit im Krankenhaus begleiten, was heute undenkbar wäre. „Mir wurde die Pflege quasi in die Wiege gelegt”, meint der 38-Jährige. Zur Schulzeit entschied er sich zu einem Praktikum in der Pflege, nach dem Abitur machte er seinen Zivildienst in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie in Haldensleben, was seinen Wunsch bestärkte, mit Kindern zu arbeiten. So entschied er sich im Anschluss zu einer Ausbildung als Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger. „Ich wollte eigentlich Psychologie studieren, aber zunächst etwas Praktisches machen”, erzählt er. „Es war mir wichtig, selbstständig zu werden und auf eigenen Beinen zu stehen.” Für seine dreijährige Ausbildung ging er 2005 nach Celle, plante zu Beginn noch, hinterher in der Kinder-und Jugendpsychiatrie zu arbeiten – doch es kam anders: Während seiner Ausbildung arbeitete Evel auch auf der Neugeborenen-Intensivstation, wo Frühgeborene sowie etwas ältere Kinder versorgt werden. „Das hat mir total viel Spaß gemacht”, erinnert sich Evel. „Zum einen gefielen mir die technische Komponente und die pflegerische Versorgung, zum anderen die enge und lange Zusammenarbeit mit den Eltern.” Besonders in Erinnerung blieb ihm aus dieser Zeit das kleinste Baby, das er versorgte: „Es war bei der Geburt 420 Gramm schwer und hat überlebt. Es war rund drei Monate auf der Station. Am Anfang war es so groß wie meine Hand.” Die Erfahrungen auf der Station beeindruckten und erfüllten ihn sehr. „Nach dem Examen wurde ich von erfahrenen Kolleginnen sehr gut an die Arbeit auf der Kinder-Intensivstation herangeführt. Ich habe nicht gleich die ganz Kleinen versorgt, also gewickelt, gewaschen, Medikamente gegeben und gelagert. Man geht langsam weiter – die Kinder, die man versorgt, werden immer kleiner.” Eine hohe Affinität zu technischen Geräten sei von Beginn an nötig gewesen, dennoch habe er die ganze Zeit dazugelernt.

Glück der Übernahme

Nach seiner Ausbildung hatte Patrick Evel das Glück, von der Klinik in Celle direkt übernommen zu werden. „Wir waren 30 Auszubildende, etwa zehn konnten übernommen werden”, erklärt der 38-Jährige. Inzwischen sei die Quote ganz anders: „Heutzutage kämpfen wir um jeden Auszubildenden. Von 14 wurden gerade 13 Auszubildende am Klinikum Lüneburg übernommen, das Ziel sind hundert Prozent.” Als Fachkraft arbeitete Evel von 2008 bis 2012 auf der Neugeborenen-Intensivstation in Celle, qualifizierte sich hier zum Praxisanleiter und stand irgendwann vor der Entscheidung, eine Fachweiterbildung zur Fachkraft für pädiatrische Intensivpflege und Anästhesiepflege oder ein Studium zu machen. Evel entschied sich für ein dreijähriges berufsbegleitendes Pflegemanagement-Studium in Osnabrück, „quasi BWL für das Gesundheitswesen”, erklärt er. Er wohnte weiterhin zunächst in Celle, während er für einige Wochen zu Blockveranstaltungen an der Hochschule in Osnabrück fuhr. Doch noch während des Studiums ging er für eine neue Stelle an das Klinikum Lüneburg. Im Oktober 2012 nahm er seine Arbeit als Stationsleitung der Frühgeborenen-Intensivstation auf – mit gerade einmal 27 Jahren. „In Celle gab es für mich keine Perspektive, da die Leitungsstelle besetzt war”, erzählt er. „Ich habe während des Studiums über den Tellerrand geschaut und nach Stellenanzeigen rund um Celle geguckt.” Im Dezember 2013 zog Evel ganz nach Lüneburg, wo er seine jetzige Frau kennenlernte, mit der er ein anderthalb Jahre altes Kind hat. Sein erstes Kind aus einer früheren Beziehung wurde 2010 geboren. Anfang 2014 schloss Patrick Evel sein Studium mit dem Bachelor of Arts (B.A.) – Pflegemanager ab. Im Herbst 2014, nur zwei Jahre nach seinem Wechsel nach Lüneburg, ergriff er die Chance, sich auf eine Stellenausschreibung als stellvertretender Pflegedirektor am Klinikum Lüneburg zu bewerben. „Ich hatte schon einige Berührungspunkte mit dem Pflegedirektor Michael Kossel. Im Oktober 2014 bin ich stellvertretender Pflegedirektor geworden – mit 29 Jahren, das war großartig, echt toll”, meint er. Von 2017 bis 2020 hängte er ein weiteres berufsbegleitendes MBA(Master of Business Administration)-Studium in Osnabrück an. „Bei mir folgten auf Praxisanteile immer wieder Zeiten, in denen ich mir Input geholt habe, das hat mir gut gefallen”, resümiert er.

Attraktivität der Pflege vermitteln

Der bisherige Pflegedirektor Michael Kossel wurde im September 2023 in den Ruhestand verabschiedet, seine Nachfolge trat nun in einem weichen Übergang Patrick Evel an. Seine neue Stellvertreterin ist Theresia Jaffke (37). Ein Arbeitsbereich, der dem 38-Jährigen sehr am Herzen liegt, ist die Ausbildung in der Pflege am Klinikum Lüneburg. „Ich bin überzeugt, dass wir dem Mangel an Pflegepersonal nur entgegenwirken können, wenn wir viel ausbilden”, meint er. Das Ansehen der Pflegeberufe habe jedoch durch die Darstellung während der Corona-Pandemie sehr gelitten. „Vorher war die Pflege immer ein gut angesehener Bereich. Bis 2019 konnten wir die Ausbildungsplätze gut besetzen, in der Pandemie ist es schwieriger geworden. Einige haben aufgehört, weil sie andere Vorstellungen hatten. Das lag auch daran, dass es während der Pandemie keine Praktikumsplätze gab, in denen sie Einblicke bekommen hätten.” Der Pflegedirektor ist weiterhin überzeugt, dass die Arbeit in der Pflege sinnstiftend und erfüllend ist. Diese Attraktivität an junge Leute zu vermitteln, sieht er als eine seiner großen Aufgaben an. Das Klinikum Lüneburg bietet pro Jahr 48 Ausbildungsplätze in zwei Kursen in der Pflege an. Während die allgemeine Ausbildung inzwischen „Ausbildung zur Pflegefachfrau/zum Pflegefachmann” heißt, nennt sich die Ausbildung, die Patrick Evel seinerzeit durchlief, heute „Ausbildung zur Pflegefachfrau/zum Pflegefachmann mit dem Vertiefungseinsatz Pädiatrie”. Den auf Kinder spezialisierten Ausbildungsgang können in Lüneburg jedes Jahr im Oktober acht Auszubildende beginnen. Die Veränderungen in der Bezeichnung des Ausbildungsgangs seien den jungen Leuten kaum zu vermitteln, erklärt Patrick Evel. In den Bewerbungsschreiben der jungen Menschen kämen noch alle Bezeichnungen vor – bis hin zu „Krankenpfleger” und „Krankenschwester”. „Beim Bewerbertag wird erklärt, wie es jetzt heißt. Ein Gespräch mit den jungen Menschen ist mir viel wichtiger als die reinen Nachweise ”, sagt er. Die Umbenennung sei auch durch die Professionalisierung des Pflegeberufs entstanden, erklärt er. „Die Pflege ist eine eigenständige Profession und kein Hilfsberuf.” In anderen europäischen Ländern sei die Ausbildung ein Studium. „Die Hebammen haben diesen Wandel schon vollzogen, ihre Ausbildung ist inzwischen auch hierzulande ein Studium. In der Pflege wird Deutschland innerhalb der nächsten zehn Jahre auch hier mitziehen müssen”, meint er.

Offenes Ohr

Dennoch hat das Klinikum Lüneburg, das nicht zuletzt über eine eigene Schule für Pflegeberufe verfügt, seinen Auszubildenden einiges zu bieten. Nicht nur die Chancen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, sind sehr hoch, sondern auch die Möglichkeiten der Übernahme direkt im Anschluss. Die Perspektiven würden den Auszubildenden schon früh in der Ausbildung vorgestellt, und in der Mitte des dritten Ausbildungsjahres könnten die fast Ausgelernten Wünsche äußern, in welchem Bereich sie nach der Ausbildung arbeiten wollen. „Wir wollen die Menschen nicht da hinstecken, wo Bedarf ist, sondern wofür sie sich interessieren”, erklärt Evel, der immer ein offenes Ohr für die Auszubildenden hat und ihre Bedürfnisse ernst nimmt. „Ich möchte mit den Auszubildenden in einen Austausch gehen, um zu erfahren, was sie brauchen. Nur so kann ich die richtigen Veränderungen anstoßen.” Es komme natürlich vor, dass einige frisch Ausgebildete nach ein paar Jahren gerne noch studieren würden. „Da sind wir niemandem böse. Heutzutage geht man nicht mehr da in Rente, wo man angefangen hat”, meint der Pflegedirektor. „Wir sind ein großes Krankenhaus, es gibt viele Entfaltungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Wir unterstützen auch pflegerische Studiengänge, denn es geht um wichtige Fachkräfte von morgen.” Ein weiterer Aufgabenbereich des Pflegedirektors ist das Rekrutieren von Fachkräften, auch durch öffentlichkeitswirksame Kampagnen in Zusammenarbeit mit der Marketingabteilung und Agenturen. Patrick Evel setzt auf Kurzbewerbungen, denen ein telefonisches Gespräch und eine Hospitation folgen können. „So bekommen wir nach und nach alle Stellen wieder besetzt”, erklärt er. Für rund 700 Pflegekräfte, etwa die Hälfte der Beschäftigten des Klinikums Lüneburg, trägt der Pflegedirektor die Verantwortung. Fallen Kollegen aus, sorgen seine detaillierten Ausfallkonzepte für einen adäquaten Ersatz und weniger Anrufe im Dienstfrei. Zu den strategischen Aufgaben von Patrick Evel gehört die Auseinandersetzung mit der geplanten Krankenhausreform genauso wie das Vorhaben, Dokumentationsaufwände der Pflegekräfte zu vermindern, damit sie wieder mehr Zeit für die Patienten haben. Eine eigens eingerichtete Projektgruppe am Klinikum nimmt die Dokumentation zurzeit auf den Prüfstand. Auch mit einer neuen Pflegepersonalregelung, die 2024 in Kraft treten soll, setzt sich Evel auseinander. „Ich kann bundespolitisch nichts verändern, aber etwas auf regionaler Ebene und in unserer Klinik für die Pflegekräfte bewirken”, sagt Evel. Dass die Pflege in der Betriebsleitung ein eigenes Stimmrecht hat, sieht der Pflegedirektor als wichtig an für die Entwicklung: „Es zeigt die Wertigkeit der Pflege.” (JVE)

Foto Manuela Gaedicke

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