Christian Ebener ist auf dem Landweg nach Australien gereist

Nach Australien fliegen kann mit dem nötigen Kleingeld jeder. Der Lüneburger Christian Ebener ist mit seiner Frau jedoch auf dem Landweg nach Down Under gefahren – mit einem umgebauten Militär-Ambulanzwagen. Statussymbole wie ein großes Auto, teures Handy oder eigenes Haus sind Christian Ebener nicht wichtig. Lieber gibt er seine Ersparnisse fürs Reisen aus, gerne auch ans andere Ende der Welt. Mit seiner Frau Anja hat der 42-Jährige die ideale Reisepartnerin gefunden, mit der er es auch auf vier oder fünf Quadratmetern gut lange und harmonisch aushält. Mit ihr teilt er seine Begeisterung für die Natur und für fremde Kulturen. Aufgewachsen ist Christian Ebener in einem Dorf bei Aachen. Hier begann er schon im Teenageralter, an Autos rumzubasteln. „Mein Vater hat mir die Schrauberei in die Wiege gelegt”, erzählt er, „das hat mich auch gepackt, besonders an allradgetriebenen Autos.” Schon im Alter von 16 Jahren kaufte er sich einen alten Jeep, um ihn zu restaurieren. „Dann nahm alles seinen Lauf”, so Christian Ebener, der eigentlich gelernter Forstwirt ist. Im Jahr 2009 machte er sich mit einem Unternehmen selbstständig, das auf den Umbau von Fahrzeugen auf Fernreisemobile spezialisiert ist.

Bestandsprobe für Beziehung

Neben der Autoschrauberei ist das Reisen seine zweite Leidenschaft. Mit 18 unternahm er erste Fernreisen. Als er 2012 seine jetzige Frau kennenlernte, beschlossen sie alsbald, zusammen eine ungewöhnliche Reise zu unternehmen: 2013 fuhren sie mit einem Land Rover mit Dachzelt für acht Monate von Deutschland aus auf die arabische Halbinsel, reisten durch den Iran, die Vereinigten Arabischen Emirate, den Oman, Saudi Arabien, Jordanien und Israel. Eine Bestandsprobe für die noch recht frische Beziehung, die gut ging. Während der Selbstständige für diese Reise seine Arbeit pausieren konnte, kündigte seine Frau dafür ihren Job als Orthopädietechnikermeisterin. „Da haben sich zwei Verrückte gefunden”, sagt Ebener über seine Frau und sich. Da sie keinen Nachwuchs planen, ist ihre Devise: Arbeiten, sparen, verreisen – am liebsten mit einem von ihm umgebauten Fahrzeug. Die Idee, nach Australien zu reisen, entstand im Jahr 2016. „Ich hatte genug vom Arbeiten, und meine Frau war auch nicht glücklich”, erinnert sich der 42-Jährige. „Ich hatte die Sache mit Australien immer im Kopf, das hat mich nie losgelassen.” Für Christian und Anja Ebener kam jedoch eine simple Flugreise nach Australien nicht in Frage, sondern „nur” der Landweg. „Bei unseren Reisen geht es uns um das Unterwegssein an sich. Man sagt ja immer: Der Weg ist das Ziel Das Lebensgefühl, auf der Straße unterwegs zu sein, ist schon großartig und lässt keine Wünsche offen. Man hat sich seine Erlebnisse selbst verdient”, meint Christian Ebener. „Doch wir haben die Reise dramatisch unterschätzt.” Für ihren gesamten Trip rechneten die beiden mit gut einem Jahr. „Aber nach einem Jahr waren wir noch nicht einmal in Australien. Unterwegs gab es so viele Unwägbarkeiten, die das Planen unmöglich machten.” Das Geld für die Reise hatten Ebener und seine Frau angespart. Rund 20.000 Euro pro Kopf kostete sie die knapp zweijährige Tour insgesamt. „Sobald man Europa verlässt, wird das Reisen extrem günstig”, so Christian Ebener.

Militärambulanz vom  Schrottplatz

Das Fahrzeug für den Roadtrip – eine ehemalige britische Militärambulanz von Land Rover, Baujahr 1983 – erstand das Paar in England. „Es stand auf dem Hof eines Schrottplatzes in Sheffield”, erzählt der 42-Jährige. Der Zustand war erbärmlich. Umbau und Überholung kosteten Christian Ebener ein ganzes Jahr, die Hälfte der Zeit baute er auch noch für seine Kunden Autos um. Neben der Reparatur des Motors baute der Bastler das Fahrzeug sogar von Rechts- auf Linkslenker um. Der ehemalige Militär-Krankenwagen überzeugte das Paar durch seinen geräumigen Innenraum, den Ebener zu einem gemütlichen „Wohnzimmer” umbaute. Sie tauften das Fahrzeug „Major Tom”. Im Juli 2017 ging die Fahrt Richtung Australien los. Die Route führte zunächst in Richtung Osten. Ein Wunschziel war die Mongolei, die ihnen einen großen Umweg bescherte. Auf dem Weg dahin mussten zahlreiche Länder durchquert werden. Christian Ebener und seine Frau reisten durch die Schweiz, Italien, Griechenland, Georgien und Aserbaidschan, nahmen von dort eine Fähre über das Kaspische Meer nach Kasachstan. „Kasachstan ist ein Riesenland – und es hatte auf der ganzen Reise die schlechtesten Straßen”, erinnert sich der Abenteurer. Weiter ging es durch Russland bis in die Mongolei. „Dort hat es uns eiskalt erwischt”, erzählt er. „In der Mongolei gibt es nur Sommer und Winter. Wir hatten dort eines Morgens minus 17 Grad.” So verwarf das Paar seine Pläne, in die Süd-Mongolei weiter zu reisen und plante stattdessen, das Auto nach Thailand zu verschiffen und hinterher zu reisen. „So war zumindest der Plan”, berichtet Christian Ebener – doch ihr Fahrzeug durfte nicht nach Thailand einreisen. „Es gab zu der Zeit ein neues Gesetz, dass man nicht mehr mit Campingfahrzeugen durch Thailand fahren darf.” Zwar hatten die beiden von dem Gesetz gehört, doch ihnen war zugesagt worden, dass ihr Auto einreisen könne. Statt vier Wochen dauerte die Verschiffung ihres Autos schließlich acht Wochen, während das Paar mit Bahn, Bus, Schiff und Flugzeug als Rucksacktouristen reiste – mit der Transsibirischen Eisenbahn nach Wladiwostok, von dort mit dem Schiff nach Südkorea, dann per Flugzeug nach Vietnam und weiter nach Kambodscha. Hier konnten die beiden ihr Auto wohlbehalten wieder in Empfang nehmen. „Wir hatten unser Auto acht Wochen nicht gesehen. Da muss man schon eine gewisse Portion Optimismus haben, dass alles gut ist. Wir hatten Angst, dass wir vielleicht Schimmel im Auto haben oder die Batterie leer ist – aber es war alles gut”, erzählt Christian Ebener. Sie hatten bis auf ein paar Kleidungsstücke ihr gesamtes Hab und Gut im Auto gelassen. Für die Verschiffung hatten sie einen Zollagenten beauftragt, doch eine Frachtversicherung schlossen sie wegen der verhältnismäßig hohen Kosten nicht ab.

Motorschaden in Thailand

Christian Ebeners in Deutschland unternommene Recherchen über die Verschiffung aus der Mongolei waren im Vorfeld ins Leere gelaufen. Erst vor Ort in der Hauptstadt Ulan Bator konnte das Paar schließlich eine Frachtfirma finden, die ihr Auto transportieren wollte. Für Recherchen vor Ort hatte Christian Ebener sein Handy und Laptop dabei. „Wir haben in jedem Land gleich eine SIM-Karte fürs Handy gekauft und hatten dadurch immer einen Hotspot”, erklärt Ebener und ergänzt augenzwinkernd: „Das Internet war auf unserer Reise nur in Deutschland schlecht.” Kambodscha erreichte das Paar Anfang Dezember 2017, wo es auch Weihnachten feierte. Hier erhielten sie Besuch von einer Freundin aus der Heimat – das einzige Mal auf ihrer knapp zweijährigen Reise. Ende Januar reisten Christian Ebener und seine Frau mit dem Auto nach Laos weiter, welches sie vier Wochen erkundeten. Doch um die Route weiter Richtung Australien einzuschlagen, war eine Durchfahrt von Thailand trotz des Wohnmobilverbotes für sie unumgänglich. Schließlich fanden sie einen kleinen Grenzübergang nach Thailand, an dem ihr Fahrzeug problemlos einreisen durfte. Aber ausgerechnet in dem Land, das sie zügig durchqueren wollten, hatten sie nach zwei Wochen einen großen Motorschaden. „Wir hatten extremes Glück, denn wir hatten in Thailand Einheimische aus einem Land-Rover-Club kennengelernt. Als wir sie kontaktierten, fuhren sie uns 300 Kilometer entgegen, um uns Ersatzteile zu bringen”, erzählt Christian Ebener, der auf der Reise immer wieder kleine Reparaturen am Auto vorgenommen hatte. Doch der Schaden war zu groß, die Ersatzteile reichten nicht, um den Land Rover auf Vordermann zu bringen. Wieder halfen die Mitglieder des Land-Rover-Clubs und vermittelten den deutschen Reisenden eine Werkstatt in Bangkok. Hier erlebten sie einmal mehr die überschwängliche Gastfreundschaft der Einheimischen: Drei Wochen durften Christian Ebener und seine Frau in ihrem Auto in der Werkstatt wohnen, während er selbst den Motor seines Autos komplett überholte und zum Teil überarbeiten ließ. Sie bekamen in dieser Zeit jeden Abend eine warme Mahlzeit gekocht und konnten die Duschen der Werkstatt benutzen – alles kostenlos.

Hilfe vom Land-Rover-Club

Der Land-Rover-Club entpuppte sich als wahrer Glücksfall, denn nach ihrer Abreise aus Thailand wurden sie sofort an die Mitglieder des Land-Rover-Clubs im benachbarten Malaysia weitergereicht. „Wir wurden behandelt wie die Könige”, so Christian Ebener. Nach acht Wochen in Thailand verbrachten sie weitere sechs Wochen in Malaysia, bevor sie mit der Fähre über Borneo nach Indonesien einreisten – inzwischen war es Juli 2018, und sie hatten bereits rund 35.000 Kilometer zurückgelegt. Letzte Station vor der Einreise nach Australien war der kleine Staat Timor-Leste oder Osttimor. Die letzten rund 400 Kilometer legten Christian und Anja Ebener mit dem Flugzeug zurück, während sie für ihr Auto einen unkonventionellen „Open Deck”-Platz auf einem Containerschiff organisierten, um Geld zu sparen. „Im Flieger ist uns dann bewusst geworden, dass wir es wirklich geschafft haben”, so Christian Ebener. Im September 2018 erreichten Christian Ebener und seine Frau ihr lang ersehntes Reiseziel Aus-tralien. Im Gegensatz zu Asien, wo der Urlaub mit Campingmobil nicht verbreitet ist, trafen sie hier auf Scharen von Campingtouristen, und auch das Leben war wieder um einiges teurer. Dennoch verbrachte das Paar noch weitere sieben Monate an seinem Traumziel, bevor die Rückreise mit dem Schiff über Griechenland auf schnellerem Weg zurück nach Hause ging. Im Mai 2019 erreichten sie wieder Deutschland.

Christian Ebener und seine Frau werden noch lange davon zehren, was sie auf ihrer Weltreise der anderen Art alles erlebt haben. Begegnungen mit offenen, hilfsbereiten Menschen, Begegnungen mit Tieren wie Spinnen, Krokodilen, Schlangen oder Affen bis hin zu vielen Kängurus in Australien. Auch wenn sie manchmal nicht sicher sein konnten, ob alles gut geht und sie ihr Auto jemals wiedersehen würden, hat sich ihr Vertrauen ausgezahlt. Dennoch waren sie nicht blauäugig, zogen regelmäßig weiter, um für Gelegenheitsdiebe kein interessantes Ziel zu werden. „Man muss einfach ein bisschen auf der Hut sein. Aber die Welt ist nicht so schlecht, wie sie in den Nachrichten dargestellt wird. Unser Auto wurde nie aufgebrochen und wir wurden nie überfallen”, so Christian Ebener. Ein Jahr nach ihrer Rückkehr zogen Christian Ebener und seine Frau für zwei Jahre nach Hamburg, bevor sie vor sechs Monaten Lüneburg als ihre Heimatstadt wählten. „Wir sind beide sehr naturverbunden und halten uns wenig in großen Städten auf”, erklärt der 42-Jährige. Nachdem der Abenteurer schon nach seiner ersten Land-Rover-Reise durch den Nahen und Mittleren Osten 2016 das Buch „Vier Quadratmeter Freiheit” geschrieben hatte, folgte 2020 die Fortsetzung „Fünf Quadratmeter Freiheit” über die Reise nach Australien. Ebener schreibt inzwischen journalistische Artikel rund um das Thema Reise und Auto und hält Vorträge über seine Abenteuerreisen. Außerdem bietet er Reiseberatung und Reisebegleitung an. Seine Frau hat in Lüneburg Arbeit als Orthopädietechnikerin gefunden. Eine große Reise plant das Paar noch nicht wieder, zunächst heißt es wieder Geld verdienen. „Wenn man nach so langer Zeit zurückkommt, merkt man, dass in Deutschland viele Dinge ganz anders gesehen und gehandhabt werden als sonst in der Welt“, meint Ebener. Somit steht jetzt nach langer Zeit im Ausland die Eingewöhnung in ihrer neuen Heimatstadt Lüneburg im Vordergrund. (JVE)

 

 

 

Raus aus dem Hamsterrad
Cookie Consent mit Real Cookie Banner