Gefährlicher Trend: Lachgas

In den vergangenen Jahren hat sich ein Trend unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen verbreitet: der Konsum von Lachgas, auch bekannt als Distickstoffmonoxid (N2O). Was einst als Narkosemittel in der Medizin begann, hat heute vor allem in Großstädten eine Präsenz als Partydroge. Die süßlich riechende Substanz, die in kleinen Sahnespenderkapseln oder Zylindern erhältlich ist, sorgt für einen kurzen, intensiven Rausch – doch die Gefahren, die damit einhergehen, sind erheblich und oftmals unterschätzt. Lachgas ist ein farbloses Gas mit süßlichem Geruch, das seit 1844 in der Medizin zur Schmerzlinderung und Betäubung eingesetzt wird. Der Zahnarzt Horace Wells war der erste, der Lachgas in der Zahnmedizin als Narkosemittel verwendete. Darüber hinaus findet es in der Industrie Verwendung, etwa als Treibgas in Spraydosen oder Aufschäummittel in Sahnespenderkapseln. Schon im 18. Jahrhundert wurde Lachgas als Rauschmittel genutzt, und in den 1960er Jahren fand es seinen Weg in die Drogenszene.

Konsumformen und deren Risiken

Lachgas wird üblicherweise durch Inhalation konsumiert. Die gängigsten Methoden sind das Einfüllen des Gases in Luftballons, aus denen es dann inhaliert wird. Diese Methode ist besonders bei Partys verbreitet. Eine weitere häufige Methode ist die Verwendung von Sahnespenderkapseln. Diese kleinen Kapseln, ursprünglich zur Herstellung von Schlagsahne gedacht, werden mit einem Sahnespender geöffnet und das Gas in einen Ballon abgefüllt, um es dann zu inhalieren. Einige Konsumenten inhalieren das Lachgas direkt aus den Kartuschen oder Zylindern. Dies ist besonders gefährlich, da das Gas beim Austreten sehr kalt ist und Erfrierungen an Lippen und Fingern sowie Lungenverletzungen verursachen kann. In seltenen Fällen ziehen sich Konsumenten Plastiktüten über den Kopf, die mit Lachgas gefüllt sind, um die Intensität des Rauschs zu erhöhen. Diese Methode birgt ein hohes Risiko für Sauerstoffmangel und Erstickungsgefahr. Beim Inhalieren von Lachgas tritt innerhalb von Sekunden eine Rauschwirkung ein. Konsumierende erleben eine kurze Phase der Euphorie, fühlen sich entspannt und nehmen ihre Umgebung verändert wahr. Diese Effekte halten jedoch nur wenige Minuten an. Aufgrund der kurzen Dauer wiederholen viele den Konsum mehrfach hintereinander, was das Risiko erhöht. Die unmittelbaren Gefahren des Lachgaskonsums sind vielfältig: Sauerstoffmangel kann zu Bewusstlosigkeit führen, was das Risiko von Stürzen und Erstickung erhöht. Bei direktem Konsum aus der Kartusche drohen Erfrierungen an Lippen und Fingern sowie Lungenverletzungen durch den hohen Druck und die niedrige Temperatur des Gases. Langfristig können schwere Nervenschäden entstehen, da Lachgas Vitamin B12 im Körper inaktiviert. Vitamin B12 ist essentiell für die Bildung der Myelinscheide, die die Nervenfasern umhüllt und für eine reibungslose Signalübertragung im Nervensystem sorgt. Eine Inaktivierung dieses Vitamins kann zu neurologischen Symptomen wie Taubheitsgefühlen, Muskelschwäche und psychischen Problemen führen. Der regelmäßige Konsum von Lachgas kann irreversible Schäden an den Nerven verursachen, die selbst durch hochdosierte Vitamin-B12-Gaben nicht immer vollständig rückgängig gemacht werden können.

Lachgas in der Region

Trotz der beunruhigenden Trends scheint der Konsum von Lachgas im Verbreitungsgebiet des stadtlichter-Magazins bislang nicht stark ausgeprägt zu sein. Rike Wieckhorst, Präventionsfachkraft bei der Drogenberatungsstelle drobs in Lüneburg bestätigt, dass Lachgas vor allem bei Jugendlichen attraktiv ist, weil es nicht illegal und leicht erhältlich ist. „Es hört sich auch noch witzig an,“ meint sie. „Wir hatten bisher nur eine Person in der Beratung, die unter anderem Lachgas als Substanz aufzählte, die sie konsumiert hat.“  Auch die Gesundheitsholding Lüneburg hatte auf Nachfrage gute Nachrichten: Bisher wurden weder in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin noch den anderen Fachkliniken des Klinikums Patienten wegen der Folgen eines Lachgas-Missbrauchs behandelt. Die Autorin fragte stichprobenartig an verschiedenen Kiosken in Lüneburg, Winsen und Uelzen nach. Keiner vertrieb Lachgas-Dosen und oft kam die Antwort: „Das wird es bei uns auch nicht geben. Wir werden das gar nicht erst unterstützen.“

Präventionsstrategien und -erfahrungen

Angesichts der steigenden Besorgnis hat der Bundesrat auf Initiative Niedersachsens die Bundesregierung aufgefordert, den Verkauf von Lachgas an Minderjährige zu verbieten. Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach unterstützt diese Maßnahmen zum Schutz der Jugendlichen. Die drobs Lüneburg nimmt den Trend sehr ernst und bereitet sich durch Fortbildungen, Arbeitskreise und den Austausch von Erfahrungen auf die mögliche Zunahme von Lachgasfällen vor. „Wir haben es im Auge und werden uns spezialisieren,“ so Rike Wieckhorst. Konkrete Maßnahmen umfassen Aufklärungskampagnen in Schulen und Jugendzentren, die Zusammenarbeit mit Eltern und Lehrkräften sowie spezialisierte Beratungsangebote für Betroffene und deren Angehörige.

Gesetzliche Lage und politische Maßnahmen

Die Initiative des Bundesrats und die Unterstützung von Bundesgesundheitsminister Lauterbach markieren einen wichtigen Schritt in Richtung besserer Schutzmaßnahmen. Geplant ist ein generelles Verkaufsverbot von Lachgas an Minderjährige. Dieses Verbot soll in die „Fünfte Verordnung zur Änderung der Anlage des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes“ aufgenommen werden. Vergleichbare Regelungen existieren bereits in anderen Ländern wie den Niederlanden und Großbritannien, wo der Verkauf von Lachgas an Jugendliche unter 18 Jahren verboten ist und strenge Kontrollen durchgeführt werden. In den Niederlanden beispielsweise hat das Verbot des Verkaufs an Minderjährige zu einer deutlichen Reduktion der Lachgas-bedingten Vorfälle geführt. Laut einer Studie der Universität Utrecht sank die Zahl der Krankenhausaufenthalte aufgrund von Lachgasvergiftungen um 30 Prozent im ersten Jahr nach Einführung des Verbots. Ein ähnliches Modell wird nun auch für Deutschland angestrebt, um den Missbrauch zu reduzieren und die Jugendlichen zu schützen. Lachgas mag auf den ersten Blick harmlos erscheinen – ein kurzer Rausch, der schnell wieder vergeht. Doch die Gefahren, die mit dem Konsum verbunden sind, sind real und erheblich. Neben den akuten Risiken wie Sauerstoffmangel und Verletzungen drohen langfristige Nervenschäden und psychische Probleme. Die Präventionsarbeit der drobs Lüneburg und gesetzliche Regulierungen sind unerlässlich, um insbesondere Jugendliche vor diesen Risiken zu schützen. Ein Verbot des Verkaufs an Minderjährige ist ein wichtiger Schritt, doch die Aufklärung und Sensibilisierung müssen parallel intensiviert werden, um die langfristigen gesundheitlichen Folgen dieser vermeintlich harmlosen Partydroge zu minimieren. (AW)

Kurzer Rausch mit langen Schatten
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