Svenja Wurster ist ehrenamtlich

beim THW Lüneburg tätig

Wer in der Not ist, ruft Feuerwehr oder Polizei. Doch nicht nur sie sind im Katastrophenfall zur Stelle – auch das Technische Hilfswerk (THW) leistet Hilfe. Eine, die sich seit vielen Jahren ehrenamtlich beim Technischen Hilfswerk engagiert, ist Svenja Wurster. Die gebürtige Lüneburgerin ist Zugführerin des Logistikzuges im THW-Ortsverband Lüneburg. Das THW ist neben den Feuerwehren, den vier Sanitätsorganisationen, der DLRG sowie einigen kleineren Verbänden eine der deutschen Hilfsorganisationen, die im Bereich der so genannten „nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr” tätig ist. Als Bundesanstalt im Verantwortungsbereich des Bundesinnenministeriums ist das Technische Hilfswerk die einzige deutsche Behörde, in der sich Freiwillige engagieren. Ihre Hauptaufgaben sind der Schutz und Rettung von Menschen, Tieren und Sachwerten bei Katastrophen und anderen Gefahren sowie die technische Unterstützung entsprechend den jeweiligen Erfordernissen. Dazu verfügen die Helferinnen und Helfer über zahlreiche Gerätschaften wie Stromerzeuger, Pumpen, Boote, Brücken, Nachrichtenübertragungsmittel, Trinkwassererzeuger, Licht- und Ortungstechnik und mehr. Das THW wurde 1950 gegründet und in den folgenden Jahren bundesweit aufgestellt. Es besteht bis auf einen kleinen hauptamtlichen Verwaltungsteil ausschließlich aus freiwilligen Helferinnen und Helfern, die sich zur Mitarbeit verpflichten, ausbilden lassen und dann in einem Ortsverband zum Einsatz bereitstehen. Seit seinem Bestehen sind die Helferinnen und Helfer bei vielen Einsätzen im In- und Ausland aktiv geworden. Die letzten großen überregionalen Hilfseinsätze in Deutschland fanden anlässlich der Hochwasser an der Elbe, beim Moorbrand in Meppen, der Corona-Krise und der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz statt.

Eintritt nach Girls‘ Day

Svenja Wurster kam eher zufällig zum THW. Eine Freundin nahm sie am Girls‘ und Boys‘ Day im April 2007 mit zum Lüneburger Ortsverband, wo die beiden einen spannenden Tag verbrachten und die Arbeit des THW kennenlernten. „Die Woche darauf habe ich mich gleich mit meiner Freundin beim THW angemeldet”, erzählt die 28-Jährige. „Die Arbeit mit größerem technischen Gerät hat mich beeindruckt, aber auch die Atmosphäre.” Da das THW auch über Jugendgruppen verfügt, in denen die Jugendlichen an die Arbeit des THW herangeführt werden – inzwischen sogar für Kinder ab sechs Jahren – konnte die damals Zwölfjährige gleich einsteigen und an den wöchentlichen Treffen in Lüneburg teilnehmen. Im Vergleich zur Freiwilligen Feuerwehr hat das Technische Hilfswerk einen großen Vorteil für Svenja Wurster: „Mein Vater war bei der Feuerwehr, aber ich hatte immer Angst vor Feuer. Deshalb war das THW das Richtige für mich, weil hier kein Feuer gelöscht wird.” Jahrelang nahm die Lüneburgerin an den wöchentlichen Treffen der Jugendgruppe teil, lernte den Umgang mit den technischen Geräten, übte mit Leinen. Von Anfang an hatte sie Freude an der Gemeinschaft. „Die Zeltlager waren das Highlight, da hatten wir alle Spaß”, erinnert sie sich. Dass junge Leute bei der THW-Jugend viel Spaß haben können, ist kein Geheimnis: Seit Jahren gibt es für die Jugendgruppen in Lüneburg Wartelisten, Nachwuchsprobleme hat das THW vor Ort nicht. Nach der Zeit in der Jugendgruppe ging Svenja Wurster, wie es im Regelfall läuft, in die Grundausbildung für Erwachsene. „Hier lernt man ähnliche Basics wie bei der Feuerwehr”, erklärt sie. Zur Grundausbildung, die sechs bis zwölf Monate dauert und einmal wöchentlich stattfindet, gehören das Freiräumen von Trümmergebieten, Stiche, Bunde und Knoten, aber auch der Umgang mit schweren Geräten wie Trennschleifer und Kettensägen sowie Beleuchtung, Erste Hilfe und eine Funkausbildung. Am Ende der Grundausbildung steht eine Prüfung, die Svenja Wurster im November 2012 ablegte. Als Alternative zur Grundausbildung im Erwachsenenalter können die Jugendlichen beim THW auch schon früher Leistungsabzeichen in Bronze, Silber und Gold machen, aber sie entschied sich für nur eine Prüfung.

 

Jeder was er schafft

Nach dem Abschluss ihrer Grundausbildung trat Svenja Wurster zunächst der Bergungsgruppe bei, der sie rund zwei Jahre angehörte. „2013 kam dann das große Hochwasser an der Elbe. Da mussten wir in Hohnstorf ein Haus leer pumpen und Beleuchtungsaufgaben übernehmen”, erinnert sich die Helferin. Eine Aufteilung in Aufgaben für Männer und Frauen gibt es beim THW nicht. „Jeder macht das, was er schafft”, erklärt sie. Man könne immer ablehnen, was einem körperlich zu anstrengend sei. Seit 2015 arbeitet Svenja Wurster, die gelernte Erzieherin ist und seit einem Jahr in Dannenberg lebt, hauptberuflich in einem Kindergarten. Der Arbeitgeber wird in der Regel darüber informiert, dass ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin ehrenamtlich beim THW tätig ist und er oder sie für Einsätze freigestellt werden muss. „Bei uns geht es meist um längere Einsätze, aber sie sind nicht so häufig wie bei der Feuerwehr”, sagt sie. „Das funktioniert bei uns tatsächlich sehr gut, die meisten Arbeitgeber finden das gut. Und ungeplante Einsätze haben wir sehr wenig.” Auch die Verwandtschaft sei stolz auf einen, wenn man erzähle, dass man sich ehrenamtlich engagiere, ergänzt sie. Inzwischen gehört Svenja Wurster dem Logistikzug an, den sie seit gut einem Jahr leitet. Der Logistikzug setzt sich aus der Verpflegungsgruppe und der Materialwirtschaft zusammen. „Wir helfen nicht an vorderster Front”, so die Helferin. Im Verpflegungstrupp gehört es zu ihren Aufgaben, entweder die eigenen Kollegen oder auch Hilfsbedürftige zu verpflegen und zu bekochen. So war die 28-Jährige im August 2021 zweimal für je eine Woche in den Überschwemmungsgebieten im Ahrtal – einmal, um die Helferteams in einer Hotelküche zu bekochen, beim zweiten Mal, um im Shuttleservice Einsatzkräfte zu ihren Einsatzstellen zu fahren. Beim ersten Mal habe sie von der Katastrophe nicht viel mitbekommen, doch beim zweiten Einsatz sei sie mitten in die Krisengebiete gefahren und habe Kontakt zu den Menschen vor Ort gehabt, berichtet sie. Während sie meist die THW-Kolleginnen und -Kollegen verpflegt – erst als Köchin, dann als Ausgabepersonal – hatte sie im März 2022 in Uelzen in einer Erstunterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine direkten Kontakt zu den Geflüchteten, die sie bekochen sollten. „Das war interessant und aufwühlend”, berichtet sie.

Noteinkauf am Sonntag

Da der Einsatz in Uelzen, bei dem sie den THW-Ortsverband Uelzen unterstützten, relativ kurzfristig erfolgen musste, blieb nicht viel Zeit, um Lebensmittel heranzuschaffen. Svenja Wurster erhielt die Mitteilung über den Einsatz an einem Sonntagvormittag, losgehen sollte es so schnell wie möglich. „Für solche Fälle haben wir Notfallnummern von Geschäften. Wir haben zwar ein Trockenlager, aber den Rest haben wir am Sonntag einkaufen lassen”, erklärt sie. Drei Tage hätten sie mit sechs Helferinnen und Helfern die Menschen aus der Ukraine verpflegt, ihnen beim Zurechtfinden in der neuen Umgebung geholfen und sie bei der Koordination in der Unterkunft unterstützt. Dem THW-Ortsverband Lüneburg gehören rund 200 Menschen an, aktiv sind nach Svenja Wursters Schätzung rund 100. Die Hilfe des THW wird angefordert, wenn Feuerwehr, Landkreis oder auch die Bundeswehr Verstärkung brauchen, anfordern können es alle Behörden unentgeltlich. Die Helferinnen und Helfer treffen sich jeden Donnerstagabend zum Ausbildungsdienst auf dem Hof in Lüneburg, zu dem in der Regel 40 bis 50 Personen erscheinen. Auch Svenja Wurster erscheint hier jede Woche, außerdem ist sie oft am Wochenende vor Ort. Als Zugführerin für den Logistikzug, dem 20 bis 25 Personen angehören, muss Svenja Wurster immer den Überblick behalten. Sie ist für alle im Zug oberste Ansprechpartnerin, hat viel mit Organisation und Personalplanung zu tun. „Wie eine Managerin”, meint die 28-Jährige. Geschätzte acht bis zehn Stunden Aufwand kostet sie das Ehrenamt pro Woche. Während ihre frühere Freundin vom Girls‘ und Boys‘ Day nach drei Jahren das THW schon wieder verlassen hat, ist Svenja Wurster mit dem Ortsverband groß geworden. Zahlreiche Freundschaften seien entstanden, und der Ortsverband sei wie ein Zweitwohnsitz für sie – immer sei einer vor Ort. „Es ist wie eine zweite Familie.” Svenja Wurster hat noch keine Kinder und kann immer spontan zu Einsätzen fahren. Das geht nicht allen THW-Mitgliedern so, oft ist das Pro-blem die Kinderbetreuung, besonders wenn beide Ehepartner im THW sind. „In unserem Zug sind zwei Ehepaare, die sich abwechseln”, erklärt sie. Eine Altersgrenze gebe es nicht, auch Rentner seien unter ihnen. Wer körperlich nicht mehr so fit ist, könne der Alters- und Ehrengruppe beitreten. Dann gehe man nicht mehr mit zu Einsätzen, gehöre aber weiterhin zur Gemeinschaft. Auch in der Erwachsenen-Grundausbildung, für die es zwischenzeitlich sogar eine Warteliste gab, gebe es Menschen jedes Alters. Die Nachfrage sei besonders zu Beginn der Corona-Pandemie gestiegen. „Wir hatten viele Interessierte, die mitmachen wollten – wohl, weil es sonst kaum Beschäftigung gab”, erinnert sich die Zugführerin. Doch auch wenn die Nachfrage und das Interesse am THW weiterhin groß seien, habe man nie genug Leute. „Man braucht immer mehr Leute, als wir für die Einsätze brauchen. Genug würde ich also nie sagen. Wir haben nur nicht genug Kapazitäten für die Grundausbildung, an der immer zehn bis zwölf Personen teilnehmen können.” (JVE)

  • Der nächste Informationsabend für THW-Interessierte findet am Mittwoch, 28. Juni, 19 Uhr beim THW Lüneburg, Dorette-von-Stern-Straße 1, statt.
  • Foto: Malte Bahr
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