Hunde können Menschen mit Einschränkungen im Alltag helfen 

Der Hund spielt in der Geschichte des Menschen seit Jahrtausenden eine ganz besondere Rolle. Er ist verlässlicher Gefährte, bester Freund, Zuhörer, er hilft bei der Jagd und auf der Weide. Und er übernimmt sogar lebenswichtige Aufgaben. Hunde können Menschen mit körperlichen und mentalen Einschränkungen ein großes Stück Lebensqualität schenken.

Es ist eine kaum wahrnehmbare Bewegung, die darauf schließen lässt, dass Memo den weggeworfenen Döner im Papierkorb in die Nase bekommen hat. Trotzdem geht der braune Labrador vorbei und konzentriert sich voll und ganz auf seine Aufgabe. „Such Eingang“, wiederholt Ingeborg von der Ohe, die sein Geschirr in der Hand hält. Die blinde Frau hat diese winzige Bewegung gespürt, hat gespürt, dass Memo kurz abgelenkt war. Aber er lässt sich nicht ablenken. Der Blindenführhund führt sie direkt vor den Eingang des Kaufhauses, bleibt kurz stehen, bis die Schiebetüren sich geöffnet haben und führt die blinde Frau in das Gewusel des Kaufhauses.  

Seit sechs Jahren lebt Memo bei Ingeborg von der Ohe und hilft ihr durchs Leben. Er führt sie durch den Straßenverkehr, sucht Ampeln, Fahrstühle, zeigt Treppen, Schalter und Hindernisse an. „Auf Memo kann ich mich voll und ganz verlassen. Mit ihm bin ich viel selbstständiger“, sagt die 80-Jährige.

220 Millionen Riechzellen

Das ist der große Vorteil von Hunden: Egal wie verfressen sie sind – sie können auf unterschiedlichste Aufgaben konditioniert werden. Als Assis­tenzhunde werden sie speziell darauf trainiert, Menschen mit Einschränkungen im Alltag zu helfen. Mobilitätshunde für Rollstuhlfahrer öffnen Türen und drücken Knöpfe. Warnhunde warnen ihre Besitzer beispielsweise vor Schlaganfällen und epileptischen Anfällen. Hunde sind sogar in der Lage, Krebszellen zu riechen – ein Forschungsfeld mit viel Potenzial. Eine Hundenase verfügt über 220 Millionen Riechzellen, im Gegensatz zur Menschennase, die nur etwa zehn Millionen besitzt. Ohne eine Hundenase an der Seite wären viele Menschen hilflos. Zum Beispiel Kinder, die an Diabetes leiden und die die Symptome einer Unter- oder Überzuckerung nicht kennen, weil die Eltern über den Blutzuckerspiegel wachen. Mit dem Heranwachsen wächst aber der Wunsch nach mehr Freiheiten. Die kann ihnen ein Diabetikerwarnhund geben. Wenn der Blutzuckerspiegel sinkt, nimmt der Hund den veränderten Körpergeruch wahr – schon bevor Diabetiker es selbst bemerken. Ein Diabetikerwarnhund hat gelernt, in dieser Situation sofort Alarm zu schlagen und Messgerät und Traubenzucker zu bringen.

Der lange Weg zum Assistenzhund

Bis Betroffene einen Assistenzhund bekommen, ist es ein langer Weg. Und ein teurer, denn grundsätzlich gibt es keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung dieser tierischen Hilfe. Die meisten müssen für die Ausbildung eines Assistenzhundes selbst zahlen. Die Ausbildung kostet ca. 30.000 Euro und dauert zwei Jahre. Sie beginnt mit der Auswahl des geeigneten Welpen, geht weiter mit der Sozialisierung in Pflegefamilien und mündet im intensiven Training in einem zertifizierten Ausbildungszentrum. Können medizinische Notwendigkeit und der konkrete Bedarf nachgewiesen werden, übernimmt die Krankenkasse alle Kosten für Anschaffung, Ausbildung und Einarbeitung des Hundes und überweist noch eine monatliche Pauschale für die Unterhaltskosten. Bisher ist dies allerdings fast nur für Blindenführhunde der Fall. Für andere Arten von Assistenzhunden sieht es mit der Kostenübernahme schwieriger aus. Seit Kurzem gibt es aber eine Assistenzhundeverordnung des Sozialministeriums, die dabei helfen soll, Regelungen zu finden. Parallel dazu untersucht die Bundesregierung derzeit in einer Studie den Nutzen von vierbeinigen Helfern. Wo die Kosten für einen Assistenzhund nicht übernommen werden, können sich Betroffene an Vereine wie Assis­tenzhunde Verbund Deutschland e.V. wenden, die gegebenenfalls mit Finanzierung helfen. Die meisten Betroffenen werden aber selbst aktiv und starten Spendenaktionen im Bekanntenkreis und im Internet.

Therapiehunde: Zuwendung baut Stress ab

Im Gegensatz zu Assistenzhunden, die für einen Betroffenen ausgebildet werden, kommen Therapiehunde in größerer Runde zum Einsatz, etwa bei der Behandlung von psychisch oder neurologisch erkrankten Menschen. Für sie kann die Anwesenheit und Zuwendung eines Tieres schon dafür sorgen, dass Puls und Blutdruck stabilisiert, Ängste und Stress abgebaut werden. Ihre Einsatzgebiete sind unter anderem in Krankenhäusern, Altersheimen und Therapiepraxen. Ihre Halter haben mit ihren Hunden eine entsprechende Ausbildung gemacht, für die es aber keine gesetzliche Regelung gibt. Sie müssen einem Eignungstest standhalten.

Auf Blindenführhund Memo kann sich Ingeborg von der Ohe voll und ganz verlassen. Wenn sie ihm dann zu Hause nach getaner Arbeit das Geschirr abmacht, ist er ein Hund wie jeder andere – er spielt, kuschelt und hat Hunger. (AH)

 

Begegnung mit einem Assistenzhund

Auch wenn der erste Impuls ist, sie anzusprechen und zu streicheln: Assistenzhunde haben lebenswichtige Aufgaben für ihre Menschen. Stört man sie bei ihrer Arbeit, können sie unter Umständen nicht helfen. So verhalten sich Passanten bei der Begegnung mit einem Mensch-Assistenzhund-Team richtig:

  • Nicht anfassen, nicht ansprechen, sondern in Ruhe lassen.
  • Nicht ablenken oder durch laute Geräusche erschrecken.
  • Den eigenen Hund zurückhalten und zügig vorbeigehen.
  • Bei einem Notfall sollten Hund und Menschen nicht getrennt werden. Der Hund darf sogar mit in den Krankenwagen und ins Krankenhaus. Notfallkontakte findet man meist auf der Hundemarke oder im mitgeführten Assistenzhundeausweis

Foto: AH

EIN LEBENSWICHTIGER BEGLEITER
Cookie Consent mit Real Cookie Banner