Über die Kraft der Gedanken und warum Schwarzeher manchmal sogar glücklicher sind…
Ohne Zweifel: Was wir denken, beeinflusst mehr, als uns bewusst ist. Kreisen unsere Gedanken etwa unentwegt um den Job und die Angst, diesen zu verlieren, verursachen sie schon mal Stress, der sich nüchtern betrachtet vielleicht in Luft auflöst. Längst wissen Forscher, dass Menschen sich selbst reichlich Druck machen können. Im Kopf. Allein mit der Kraft des Geistes kann der Mensch den Pegel des Stresshormons Cortisol steigen lassen, was nachweislich auch krank machen kann. Doch das Gehirn ist keine Einbahnstraße. Ebenso gut ermöglicht es, mental zu entspannen. Die positive Kraft der Gedanken lässt Schmerzen abflauen und Kurzatmige tiefere Lungenzüge nehmen. Sie kann sogar Krankheiten lindern: Gezieltes Geistestraining hilft Epileptikern, einem Anfall zu entrinnen und beruhigt hyperaktive Kinder.
Wer will nicht glücklicher sein?
Selbsternannte Glücks-Coaches füllen massenhaft Bücher mit Tipps und Ratschlägen zum positiven Denken. Und natürlich kauft man die gern: Wer will nicht erfolgreicher, glücklicher und attraktiver sein? Was die sonnigen Gemüter nicht sagen, weil sie es entweder mangels Fachwissens gar nicht beurteilen können oder einfach unterschlagen: Ein antrainierter, nicht „natürlicher“ Optimismus bewirkt meist nur, den Blick für die Realtität zu verschleiern. Und das kann eher schaden als nutzen. Denn natürlich ist es nicht so, dass sich alle Probleme allein durch die Kraft positiver Gedanken in Luft auflösen. Keine beruflichen Existenzsorgen mehr, kein Corona – nur durch Gedankenkraft. Ziemlicher Quatsch! Das Gegenteil kann sogar manchmal richtig sein. Schwarzseher scheinen zwar nicht in die heutige Spaßgesellschaft zu passen – doch raten viele Psychologen, ruhig auch einmal negative Gedanken zuzulassen. Natürlich nur in Maßen. Nicht immer das Schlimmste annehmen, aber auch nicht darauf vertrauen, dass schon alles von allein gut wird. Das ist der Königsweg.
Oberflächliches „Heiti-teiti“ schadet oft nur
Das Konzept des defensiven Pessimismus, der unter anderem von der Psychologin Julie Norem geprägt wurde, ist ein Versuch, sowohl notorischen Schwarzsehern, aber auch ewigen Optimisten diesen Königsweg näherzubringen. Defensiver Pessimismus bedeutet nichts Anderes, als die Realität so zu sehen, wie sie ist. Kein permanentes „Heititeiti“, aber auch nicht dauerhaft zu Tode betrübt sein. Darum geht’s. „Wenn Leute etwa große Angst vor einem Vorstellungsgespräch haben, dann kann es manchmal hilfreich für sie sein, sich vorzustellen, was alles schiefgehen kann“, erklärt Norem das Konzept. Das soll Betroffene nicht zum Verzweifeln bringen, sondern dazu ermuntern, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und sich so sicherer zu fühlen. Wichtig ist dabei:
eine gesunde Balance zwischen positiven und negativen Gedanken zu finden und auch in schlimmen Krisen nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Erst so entsteht letztlich ein Gespür dafür, was wirklich bedeutend ist im Leben – und das erleichtert wiederum den positiven Blick aufs Leben.
Auch wenn Optimisten oft mit sich selbst deutlich zufriedener sind und auch ein höheres Wohlbefinden an den Tag legen als Menschen, für die das Glas nicht stets mindestens halbvoll ist, heißt das nicht, dass Pessimisten kein Glück empfinden können. Im Gegenteil. Sie sind oft hochsensibel, können Glücksgefühle darum teilweise sogar deutlich intensiver erleben. Dennoch brauchen sie die Kraft der Gedanken noch deutlich mehr, weil sie öfter mit sich und der Welt hadern. „Entscheidend ist doch eigentlich nur, stets das Beste aus einer Situation beziehungsweise aus seinem Leben zu machen“, sagt Sozialpsychologe Oliver Lauen. „Die Kraft der Gedanken kann dabei durchaus helfen!“ (RT)
Train the Brain – 3 Tipps für mehr Gelassenheit und gesunden Optimismus im Alltag:
Den Blickwinkel auf eine Situation zu ändern, nennen Psychologen „Reframing“. Dabei setzen wir einen Sachverhalt in einen anderen Rahmen, also „frame“. Die Zeit spielt dabei eine wichtige Rolle, sorgt für Abstand und bietet die Möglichkeit, die eigenen negativen Gedanken (angeblich sind nur drei Prozent unserer täglichen 60.000 Gedanken positiv) einem Realitäts-Check zu unterziehen. Stress, Ärger und Grübelei entspringen auch aus der Art, wie wir eine Situation bewerten beziehungsweise, wie wir mit ihr umgehen – und daran kann jeder arbeiten. Ist etwas Negatives passiert, sollte man nach vorne schauen und nicht lamentieren. Es zieht einen nur noch weiter in die Negativspirale. Fragen Sie sich stattdessen: Was ist das Gute an dieser Situation? Was kann ich aus dieser Situation lernen? Wo könnte mein Mehrwert darin sein?
Gedanken schaffen Bilder im Kopf. Bilder wiederum erzeugen Emotionen. Ob bewusst oder unbewusst – wir haben uns angewöhnt, uns zum Beispiel ständig mit anderen zu vergleichen: Der ist reicher, schlanker, gesünder und erfolgreicher als ich. Solche Gedanken bringen einen nicht weiter, sondern verstärken nur Minderwertigkeitskomplexe, die jeder von uns ohnehin mit sich herumschleppt. Soziale Unterstützung kann helfen, damit besser klarzukommen. Die negativen Emotionen zum Beispiel mit besten Freunden zu teilen, sorgt für Erleichterung. Ein anderer Tipp: Setzen Sie auf Resilienz! Jeder hat im Leben bereits Veränderungen aller Art hinter sich gebracht. Wir sind somit viel resilienter, als wir manchmal glauben. Erinnern Sie sich in besonders schwarzen Momenten an konkrete Situationen, die Sie bereits bewältigt haben. Das stärkt das Vertrauen in sich und die Zukunft.