Raubtiere als Haustier zu halten ist auch bei uns legal…

Früher hatten Kinder einen Wellensittich, einen Hamster oder ein Kaninchen als Haustier, wenn die Eltern großzügig waren, auch mal eine Katze oder einen Hund. Heute darf es gerne auch mal etwas exotischer sein: Wie wäre es also mit einem kleinen Äffchen, einem Leoparden, einem Braunbären oder einem Löwen? Natürlich kauft man einen Löwen nicht bei der Tierhandlung um die Ecke. Das Internet macht es möglich. Laut einer Studie wurden zwischen 2015 und 2021 hierzulande 4.000 Raubtiere zum Kauf angeboten – darunter fast 170 Löwen und Tiger.

Kaum bürokratische Hemmnisse

Tatsächlich ist die private Haltung von Großkatzen in den meisten EU-Staaten sogar erlaubt, wenn die Tiere aus einer Zucht und nicht von Wilderern stammen. Bürokratische Barrieren gibt es hier kaum, auch in Deutschland fordern die meisten Behörden lediglich einen Nachweis über den „legalen“ Erwerb. Allerdings wird auch dabei schon unterschieden zwischen den Arten des sogenannten Anhangs A und B. Für die Arten des Anhangs A wird eine CITES- oder EU-Bescheinigung benötigt. CITES steht für „Convention of International Trade in Endagered Species of Wild Fauna and Flora“ (Washingtoner Artenschutzübereinkommen). Für die Arten des Anhangs B wird diese Bescheinigung dagegen nicht benötigt. Beim Löwen beispielsweise entfallen lediglich die Arten der indischen Population unter den Anhang A. Populationen anderer Länder fallen unter den Anhang B. Bedeutet: Der afrikanische Löwe könnte theoretisch schon morgen durch Ihren Garten streifen…

Löwe im Garten, Delfin im Badesee?

Eine Haltung wäre auch in Lüneburg möglich, unterliegt jedoch dem Genehmigungsvorbehalt nach Paragraf 2 Gefahrtierverordnung, heißt es dazu aus dem Büro des Landkreises. „Die Haltung müsste im Sinne des Tierschutzgesetzes art- und verhaltensgerecht erfolgen.“ Dafür reiche laut sogenanntem „Säugetiergutachten“ des Bundeslandwirtschaftsministeriums aus, wenn ein Außengehege mit einer Fläche von 200 Quadratmeter pro Großkatze zur Verfügung steht, für jedes weitere Tier sollten dann gnädigerweise nochmal zehn Quadratmeter hinzukommen. Übrigens: Der wesentliche Anstoß für dieses obskure Gutachten, das noch immer Verwendung findet, stammt aus dem Jahre 2009. In dem damaligen Beschluss des Deutschen Bundestages (Drucksache 16/12868), ging es – man fasst es kaum – um die privaten Haltungsanforderungen für Delfine… Wie wäre es also mit Flipper im eigenen Badesee?

Die Tiere leiden

Was bedeutet das nun alles für die Tiere? Vor allem eines: seelische Qualen. Denn lange schon ist wissenschaftlich belegt, dass gerade große Wildtiere in der meist sehr beengten Gefangenschaft enorm leiden und häufig Verhaltensstörungen entwickeln oder eingehen. Doch wen interessiert ihr Schicksal wirklich? Immer auf der Suche nach dem neuesten Schrei und vielen Youtube-Clicks versuchen in den letzten Jahren immer wieder Menschen, sich exotische Tiere zu beschaffen. Geht das nicht übers Netz, dann ist da ja noch der Schwarzhandel. Und der boomt wie nie. In Rumänien, Tschechien und Polen etwa gibt es kaum Kontrollen durch Behörden. Im Gegenteil: Hier wird Wildzucht teilweise gefördert. Und die Grenzen sind offen. Dazu kommen nachweislich dubiose Handelsbeziehungen zwischen

einigen europäischen und asiatischen Staaten. In den vergangenen vier Jahren wurden bei Razzien immer wieder organisierte kriminelle Gruppen mit komplexen Strukturen aus privaten Züchtern, Mittelspersonen und Händlern offengelegt, die die Schwächen des Systems ausgenutzt und Großkatzen für den illegalen Verkauf nach Asien gezüchtet haben – dort werden unter anderem Körperteile von Tigern zu „Medizin“, fragwürdigen „Gesundheits“-Tonika und auch für dekorative Zwecke verarbeitet. Unrechtsbewusstsein bei den Tierhändlern gleich null. Und bei den Käufern? Auch da erntet man Schulterzucken. Kein Wunder, wenn man staatlicherseits so lax mit dem Tierschutz umgeht, so eine Sprecherin der Tierschutzorganisation Pro Wildlife.

Keine Großkatzen im Landkreis? Wer weiß das schon…

Im Landkreis Lüneburg sei eine Großkatzenhaltung derzeit nicht bekannt, heißt es aus dem Landratsbüro. Ausschließen, dass es sie im Landkreis dennoch gäbe, könne man aber nicht. Selbst sei man da auf Hinweise aus der Bevölkerung oder von anderen Behörden angewiesen, um tätig zu werden. „Außerdem recherchieren wir proaktiv im Internet.“ Wer überlege, ein gefährliches Tier im Sinne der Gefahrtierverordnung zu halten, müsse sich unbedingt vorher beim Veterinäramt des Landkreises Lüneburg über die Erlaubnisvoraussetzungen und über die tierschutzrechtlichen, hohen Haltungsanforderungen erkundigen, erklärt Marion Junker aus dem Büro des Landrats. „Außerdem muss er sich auch über artenschutzrechtliche Bestimmungen informieren. Denn: Auch andere exotische Pflanzen und Tiere wie etwa Reptilien, Amphibien, Papageien oder andere Vögel, Säugetiere und Fische können besonders geschützt sein und einer Anmelde- und Bescheinigungspflicht unterliegen. Genauso wichtig ist es, an die Anmeldung beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz zu denken und kein Tier ohne Herkunftsnachweis zu erwerben. Ob eine Art betroffen sein könnte, lässt sich über WISIA Online herausfinden, ein Service des Bundesamtes für Naturschutz.“ Das Problem: Gefährliche Tiere zu beschaffen, ist leicht, doch was ist, wenn der Reiz verflogen ist und die Tiere krank oder einem lästig werden? Wer sie sich nur für sein Ego und vielleicht illegal beschafft hat, wird sie dann loswerden wollen. Melden wird er die Tiere nicht, schon aus Angst vor Strafe. Spätestens dann käme ja ans Tageslicht, was sonst lieber im Verborgenen gehalten wird. Und so entscheiden sich viele für den leichtesten Weg – wie vor kurzem in Rheinland-Pfalz: Dort wurden 14 Königspythons bei Minusgraden von einem Tierquäler einfach ausgesetzt. Die Schlangen, die aus West- und Zentralafrika stammen, starben einen grausamen Tod…(RT)

Was macht der Panther auf dem Sofa?
Cookie Consent mit Real Cookie Banner