Trickbetrüger erbeuten Millionen: So schützen Sie sich!

Der Anruf kam am frühen Abend. „Mein Name ist Wagner, ich bin von der Polizei“, sagte der Mann mit der sonoren Stimme. Eine Diebesbande sei festgenommen worden – „und bei diesen Personen ist auch Ihre Adresse aufgefunden worden“. Da noch zwei Straftäter flüchtig seien, sei zu vermuten, dass diese noch heute bei dem Angerufenen einbrechen werden, so der angebliche Ermittler weiter. „Befinden sich Wertsachen und Bargeld in der Wohnung?“ Vorsichtshalber werde man die Sachen vorläufig sicherstellen müssen. Ein Polizeibeamter in Zivil komme daher gleich vorbei und diesem solle man Wertsachen und Geld übergeben.

So oder ähnlich landen jährlich viele Millionen Euro in den Taschen abgefeimter Gangster (geschätzt zirka neun Millionen Euro 2022, dazu kommt eine hohe Dunkelziffer). Allein das Landeskriminalamt Niedersachsen hat vergangenes Jahr zirka 7.800 Telefonanrufe von falschen Polizisten registriert, Tendenz steigend. Sich als „Freund und Helfer“ auszugeben, ist nicht die einzige Masche. Auch die „klassischen“ Enkeltrick-Anrufe haben weiter tausendfach Konjunktur, auch sie laufen immer gleich ab: „Hallo Oma, weißt du, wer hier ist?“ Der Angerufene ist dann oft am Überlegen, wer es sein könnte, und nennt unter Umständen einen Namen. So wird es dem Betrüger sehr leicht gemacht, sich als genau diese Person auszugeben. Schon nach wenigen belanglosen Sätzen geht’s um den eigentlichen Grund des Anrufs: Geld, das angeblich dringend benötigt wird, um Enkel oder Enkelin aus einer Notlage zu befreien.

Mit Grusel-Märchen wird Angst geschürt

Etwa 2.500 Mal gaben sich Telefon-Ganoven im vergangenen Jahr in Niedersachsen auch als Ärzte oder Klinikmitarbeiter aus, erklärten während des Telefonats zum Beispiel, dass ein Angehöriger gerade in die Klinik eingeliefert worden sei, dieser schwer erkrankt oder verletzt und nicht mehr ansprechbar wäre. Nur spezielle Medikamente oder eine sofortige Operation könnten ihn retten. Dafür würde umgehend eine hohe Summe Geld be-nötigt. Auch hier ist das Ziel der Täter, das mögliche Opfer mit einem Grusel-Märchen in einen emotionalen Ausnahmezustand zu versetzen – damit es praktisch „blind vor Sorge“ bereit ist, alles zu tun, um seinem Angehörigen zu helfen.

„Enkeltrick 2.0“ über WhatsApp und SMS

Schon länger agieren die Abzocker auch über WhatsApp – und noch relativ neu – über SMS. In gefakten Textnachrichten behaupten die Betrüger ähnlich wie über Telefon, verwandt oder gut bekannt mit dem Opfer zu sein und in finanzieller Not zu stecken. Meist bitten die Täter um vier- bis fünfstellige Summen. Das Geld soll möglichst sofort überwiesen werden, um dem Opfer erst gar keine Zeit zum Nachdenken zu lassen. Die Kriminellen erklären ihre unbekannte Nummer mit einem angeblich verlorenen oder kaputten Handy. Gleichzeitig wird dazu aufgefordert, die alte Nummer zu löschen. So werden Nachfragen beim echten Angehörigen erschwert oder verhindert. Nicht immer sind es Senioren, die zu Opfern der Betrüger-Banden werden, doch die Generation Ü70 steht besonders im Fokus. Das ist in der Großstadt nicht anders als auf dem Land. Erst vor wenigen Wochen übergab eine 80-jährige Lüneburgerin einer zirka 30 Jahre alten Täterin mehrere zehntausend Euro (!) – als „Kaution“ für ihren Ehemann, weil der bei einem Verkehrsunfall angeblich eine junge Frau totgefahren haben soll. Natürlich war alles Schwindel.

Präventionskampagne schon jetzt ein toller Erfolg

Umso wichtiger, dass die Bevölkerung immer wieder vor dreisten Tricks der Ganoven gewarnt wird – meint auch die Lüneburger Polizei und startete mit einer Präventionskampagne „Schock-anrufe, Enkeltrick, Falsche Polizeibeamte, WhatsApp-Betrug & Co“. Dabei wurden verschiedene Netzwerkpartner gewählt und neben den klassischen Methoden auch neue und innovative Plattformen genutzt. Mit einigem Erfolg. Die Kampagne kommt gut an bei den Bürgern: Fast täglich melden sich Lüneburger bei der Polizei, die entweder selbst Betroffene sind oder jemand kennen, der von Betrügern kontaktiert wurde. Teilweise konnten im Landkreis auch schon Täter festgenommen werden, doch meist sind das kleine Fische. Die Hintermänner sitzen im Ausland, viele in der Türkei. Aus dortigen Callcentern kommen zahlreiche Anrufe. Diese Callcenter sind meist gut organisiert. Die Telefon-Gangster arbeiten in unterschiedlichen Rollen: Mit „Filterern“, „Abschließern“ und „Abholern“. Der „Filterer“ sucht nach Opfern. Ist eines entdeckt, werde es weitergereicht an einen „Abschließer“. Der macht dann meist die Sache auch zu. Zumachen, das bedeutet: Die Betrüger bringen das Opfer dazu, Geld einem weiteren Komplizen, dem sogenannten „Abholer“ in Deutschland zu übergeben…

„Mit unserer Aufforderung „Weiterleiten, teilen und darüber sprechen“ will man flankierend zu den klassischen und sozialen Medien zu weiteren Zielgruppen vordringen“, sagt Kathrin Richter aus dem Präventionsteam. So soll die Kampagne zum Seniorenbetrug immer weiter verstärkt werden. Kathrin Richter: „Jeder hat so die Möglichkeit, in seinem Bereich und seinen Messenger-Gruppen auf die Maschen der Betrüger hinzuweisen. Diesen Trickbetrügern muss das Handwerk gelegt werden – und das geht uns alle an!“ (RT)

Trickbetrüger erkennen:

Das würden echte Polizisten nie machen

  • Die Polizei ruft niemals bei Personen an, um sie nach Vermögenswerten oder den Verstecken von Wertsachen und Geld zu befragen.
  • Außerdem erfragen Polizisten keine Bankdaten wie Kontonummer, Kontostand oder den Inhalt von Schließfächern.
  • Bei Anrufen der Polizei erscheint die Nummer 110 nicht im Telefon-Display.
  • Die Polizei setzt niemanden unter dem Vorwand unter Druck, Ermittlungsbehörden unterstützen zu müssen.
  • Wer von mutmaßlich falschen Polizisten kontaktiert wurde, sollte sich umgehend mit einer Vertrauensperson in Verbindung setzen – oder selbst 110 wählen und den Vorfall schildern.
  • Wer seinen Vornamen im Telefonbuch abkürzt („M. Weihrauch“), reduziert die Gefahr, von Trickbetrügern als potenzielles Opfer (suchen oft nach älteren deutschen Vornamen) ausgewählt zu werden.
  • Im Zweifel das Telefonat beenden. Ein gesundes Misstrauen ist keine Unhöflichkeit.
VON FALSCHEN POLIZISTEN BIS ZUR WHATSAPP-ABZOCKE
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