Was heutzutage noch politisch korrekt ist – und was (angeblich) nicht
Wenn Sprachpolizisten jeglicher Coleur „political correctness“ anwenden, wird schnell auch mal übers Ziel hinaus geschossen …Ein stinknormales Restaurant in Berlin. Klein, gemütlich, geschmackvoll eingerichtet. Eines der Restaurants, wie es sie so auch in vielen anderen Städten gibt – von Hamburg über Frankfurt, München oder auch Lüneburg. Nur der Name „Zum Mohrenkopf“ fällt aus dem Rahmen. Betreiber der Location ist der aus Nigeria stammende Andrew Onuegbu. Er weigert sich seit Längerem, sein Lokal umzubennen. „Ich brauche keine Weißen, die mir sagen, wann meine Gefühle verletzt sind.“
„Warum arbeiten Sie bei einem Nazi?“
In der ARD-Sendung „Hart aber Fair“ erzählte der Gastronom eine Anekdote von zwei aufgebrachten Gästen, einem Mann und einer Frau. „Warum arbeiten Sie bei einem Nazi?“ habe ihn der Mann gefragt, seine Frau habe ergänzt: „Wir wollen gar nicht mit Ihnen reden, holen Sie Ihren faschistischen Chef!“ Nachdem sie erfahren hätten, dass Onuegbu selbst Inhaber des Restaurants ist, habe das Pärchen dennoch darauf beharrt: „Der Name muss verschwinden! Das darf man in Deutschland gar nicht mehr verwenden! Das ist rassistisch!“ Daraufhin habe Onuegbu erwidert: „Das, was Sie gerade hier gemacht haben, ist Rassismus. Denn Sie haben nicht geglaubt, dass ein schwarzer Mann der Inhaber sein kann …“ Vermutlich wird der Streit um den Restaurant-Namen weitergehen und der Druck auf Restaurant-Chef Onuegbo noch zunehmen, sagt Sprachforscher Heiner Rebens aus Hamburg. „Denn die Leute, die aus einer Art Hypermoral heraus handeln und jeden, der nicht so denkt wie sie, ganz schnell vorverurteilen, haben einen langen Atem.“
Schnell in der Schmuddel-Ecke
Tatsächlich geht es ganz fix – und schon steht man in der Schmuddel-Ecke. Wer die Corona-Schutzmaßnahmen nur marginal in Frage stellt, ist für viele schon ein Verschwörungstheoretiker. Wer das Europa von heute und vor allem dessen Politiker kritisiert, gilt mindestens als Revanchist. Auch wer das Auto nicht als Hauptübel des Klimawandels sieht, findet kaum Fürsprecher. „Solche Menschen haben einfach kein Verantwortungsgefühl“, heißt das Totschlagargument. Wenigstens darf man das Christentum noch ablehnen. Am Islam ist dagegen jede Kritik verboten. Das wäre fremdenfeindlich …
Obwohl unsere Verfassung eigentlich jedem Bürger garantiert, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei äußern zu dürfen – auch eine irrige Meinung übrigens – beherrschen immer mehr Sprech- und Denkverbote die öffentlichen Debatten. Das funktioniert meist ohne jeden staatlichen Zwang, schließlich heißt es im Artikel 5, Absatz III des Grundgesetzes ja auch ausdrücklich: „Eine Zensur findet nicht statt.“ Doch die Schere im Kopf arbeitet bei vielen ohnehin von allein – aus Angst vor Ausgrenzung und beruflichen Konsequenzen. Philosoph Richard David Precht, Honorarprofessor für Philosophie an der Leuphana Universität Lüneburg sorgt sich: „Wenn abweichende Meinungen nicht mehr geäußert werden, weil ihre Vertreter sofort als unmoralisch gegeißelt werden, versiegt bald jede Diskussion.“
Pippis Vater jetzt ein „Südseekönig“
Auch Bücher sind längst nicht vor Verboten gefeit, immer häufiger werden Textänderungen gefordert. Allerdings ist das kein ganz neues Phänomen, besonders wenn es um Werke für Kinder geht. Bei „Pippi Langstrumpf“ etwa lässt Astrid Lindgren Pippi gleich im ersten Kapitel sagen: „Meine Mama ist ein Engel und mein Papa ist ein Negerkönig. Es gibt wahrhaftig nicht viele Kinder, die so feine Eltern haben!“ Lindgren selbst fand die Aufregung um den „Negerkönig“ immer übertrieben und sah auch keinen Grund, an ihrem Buch irgendetwas zu ändern. Erst sieben Jahre nach ihrem Tod gab der Verlag den Briefen „besorgter“ Eltern nach und änderte den Begriff ab: Seit 2009 sind die Bewohner von Taka-Tuka-Land keine „Neger“ mehr, sondern „Eingeborene“. Und Pippis Vater ist nicht mehr der „Negerkönig“, sondern ein „Südseekönig“. Wer sich selbst nicht in Schwulitäten bringen will, sollte sich an den neuen Zeitgeist wohl möglichst schnell gewöhnen, zum Beispiel in Anwesenheit Dritter nicht mehr länger von Zwergen sondern von „Kleinwüchsigen“ sprechen, Ausländer in Zukunft als „Menschen mit Migrationshintergrund“ betiteln, anstelle von Eskimos den Begriff „Inuiten“ verwenden, statt eines Negerkusses den genau so süßen „Schokokuss“ genießen und bei männlich/weiblich noch ein „divers“ anhängen. Sich im Restaurant ein „Zigeuerschnitzel“ zu bestellen, kommt übrigens auch nicht mehr gut an. Denn das wurde inzwischen in ein schnödes „Schnitzel mit Paprikasoße“ umgetauft. Nachsatz: Bevor sich Vertreter und Vertreterinnen der „political correctness“ aufregen – Schwulität hat nichts mit Homosexualität zu tun. Das im 18. Jahrhundert entstandene Wort ist eine scherzhafte Bildung aus „schwül“, also „drückend heiß“ oder auch „beklemmend“, im übertragenen Sinne auch „bang“ – weil einem vor Angst vor der Sprachpolizei auch heiß werden kann … (RT)