virus

Ärzte warnen vor Panikmache

 Menschen hamstern Desinfektionsmittel. Infizierte werden in Quarantäne gesteckt. Die Welt in Angst vor dem neuen Coronavirus. Doch wie groß ist die Gefahr eigentlich wirklich? Die Zahl der Coronafälle in China steigt sprunghaft an. Ärzte hierzulande nehmen die Sache ernst – sehen aber für Deutschland nur sehr überschaubare Gefahren. Auch Dr. med. Sebastian Graefe vom Impfcentrum Lüneburg, Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie, warnt vor Hysterie: „Die Angst der Leute ist natürlich da, man bekommt schon mehr Anfragen, auch gerade von Reisenden, die wissen wollen, was sie tun sollen und wie sie sich schützen können. Wer nicht reist, sollte wissen: Die Wahrscheinlichkeit, sich hierzulande mit Corona zu infizieren, ist anders als bei der Grippe, die alljährlich mehrere Hunderttausend Menschen trifft, sehr gering. Die Lüneburger müssen also keine Sorge haben.“

Geringe Sterblichkeit

 Auch andere Ärzte bestätigen diese Einschätzung. So Chefarzt Clemens Wendtner von der Klinik für Infektiologie in München-Schwabing, wo die Mehrzahl der bisher mit dem Coronavirus infizierten Deutschen behandelt wird: Die Sterblichkeit werde zwar in China mit zwei bis drei Prozent angegeben, so Wendtner. „Das halten wir nach derzeitigem Erkenntnisstand jedoch für deutlich überschätzt. Wir gehen davon aus, dass die Sterblichkeit deutlich unter einem Prozent liegt, zirka bei 0,2 Prozent. Die Todesfälle liegen damit im Bereich einer typischen Grippepandemie. Mit einer sehr gefährlichen Erkrankung hat das nicht viel zu tun. Ich habe jedenfalls vor einer Grippe deutlich mehr Sorge.“ Tatsächlich sind die Fakten eindeutig: Die Grippewelle 2017/2018 zum Beispiel hat nach Schätzungen rund 25.100 Menschen in Deutschland das Leben gekostet, berichtete vor einigen Monaten das „Ärzteblatt“. Angesichts dieser Zahl sei es erstaunlich, dass sich nicht mehr Menschen gegen Grippe impfen lassen, so Sebastian Graefe. Es wird vermutet, dass das neuartige Coronavirus von einem Fischmarkt in Wuhan kommt, auf dem auch Wildtiere verkauft wurden. Demnach gab es zunächst Übertragungen vom Tier zum Menschen, bevor das Virus sich an seinen neuen Wirt anpasste und es zu Übertragungen zwischen Menschen kam.

Übertragung von Rachen zu Rachen 

Das neue Coronavirus hat seit kurzem auch einen eigenen Namen: SARS-CoV-2. Das weist auf die sehr enge Verwandtschaft zum SARS-Virus SARS-CoV hin, an dem vor 17 Jahren Hunderte Menschen starben. Die Viren sind Experten zufolge Varianten ein und derselben Virusart, übertragen sich wohl von Rachen zu Rachen, wie auch Influenza-Viren.

In Deutschland könne man die Krankheit wirksam bekämpfen, gibt sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bewusst optimistisch. „Wir haben ein sehr gutes Gesundheitssystem, um die Dinge früh einzudämmen.“ Unklar sei aber, ob sich das Virus wie die Influenza weltweit halten könne oder wieder ganz verschwinde. „Die Frage ist: Wird es das Coronavirus schaffen, sich ähnlich wie die Influenza zu etablieren, sodass wir jedes Jahr eine Coronawelle bekommen? Ziel der weltweiten Maßnahmen – auch in Deutschland – ist es, das Virus im Idealfall ganz auszuschalten.“ Komplexer ist es in anderen Regionen der Welt. Zum Beispiel in afrikanischen Staaten, die teilweise enge Kontakte mit China haben. Kommt es da zu einem Ausbruch, könnte das tatsächlich verheerende Folgen haben, meint auch Microsoft-Gründer Bill Gates. Der Multimilliardär und Medizin-Mäzen warnte bei der Konferenz des weltgrößten Wissenschaftsverbands AAAS (American Association for the Advancement of Science) eindringlich: Das neuartige Coronavirus könnte die Welt in eine „sehr schlimme Lage“ bringen. „Es gibt viel, was wir nicht über diese Epidemie wissen, aber es gibt auch viel, was wir wissen, das zeigt, dass sie sehr dramatisch werden könnte – besonders, wenn sie sich in Gegenden wie dem südlichen Afrika oder dem südlichen Asien ausbreitet“, sagte Gates weiter. „Diese Krankheit wird, wenn sie nach Afrika kommt, dramatischer sein als in China – und ich will das, was in China passiert, nicht verharmlosen.“ Bill Gates spendete zur Bekämpfung des Virus und Entwicklung eines Impfstoffs bereits 100 Millionen Dollar. Mit einem Impfstoff wird aber nicht vor Mai oder Juni gerechnet, heißt es dazu aus dem Impfcentrum Lüneburg.

Welche Symptome kann das Virus auslösen?

Die Corona-Symptome sind leicht mit der Influenza oder auch einer Erkältung zu verwechseln: Anfangs könne die Nase laufen, der Patient leide unter Halsweh, später auch Husten und eventuell Fieber. Nicht jeder, der hustet, ist aber gleich verdächtig auf eine Corona-Infektion. Bei unkomplizierten Fällen geht man davon aus, dass die Erkrankung ungefähr zehn Tage bis zwei Wochen dauere. Anders ist es, wenn Komplikationen einträten, etwa eine zusätzliche bakterielle Infektion – oft als Lungenentzündung – aufgrund der Schwächung des Organismus oder eine übersteigerte Immunreaktion, die ebenfalls in einer Lungenentzündung münden könne. Ältere Menschen und Menschen mit bereits bestehenden Erkrankungen (wie Asthma, Diabetes, Herzerkrankungen) scheinen laut WHO für schwere Verläufe anfälliger zu sein. (RT)

MEHR ANGST VOR GRIPPE ALS VOR DEM CORONAVIRUS
Cookie Consent mit Real Cookie Banner