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Das Geschäft mit den Online-Drogen brummt weiter

Der Kick ist oft nur wenige Klicks entfernt: Viele sogenannte Legal Highs sind auch 2020 immer noch frei verkäuflich und wirken ähnlich wie Cannabis, Ecstasy oder Kokain, nur um ein Vielfaches stärker. Im Internet werden die neuen Drogen als Badesalz, Duft- oder Kräutermischung angeboten und jeder, der will, kann sie kaufen. Angeblich alles nicht gesundheitsschädlich, so die Anbieter. Meist eine dreiste Lüge. Wer sich die bunten Tütchen online bestellt, weiß nicht, was er bekommt und wie die Wirkung ausfallen wird. Das ist wie eine große Black Box. Die Räucher- beziehungsweise Kräutermischungen enthalten meist synthetische Cannabinoide, die teilweise eine stärkere Wirkung als Cannabis haben. Während beim Cannabis-Konsum aber nur einige Rezeptoren im Körper stimuliert werden, sind es bei den synthetischen Stoffen alle. Die Folgen sind verheerend: Es kommt zu Panikattacken, Wahnvorstellungen, Kreislaufzusammenbrüchen und auch zu Todesfällen. Die „Badesalze“ sind in ihrer Wirkung kaum harmloser, warnen Mediziner, sie sind häufig mit amphetamin- oder ecstasyähnlichen Wirkstoffen versetzt.

Prinzipiell sind bei den Legal Highs fünf Hauptgruppen zu unterscheiden:

  • Synthetische Cannabinoide: verkauft als Kräutermischungen; sind mit dem Cannabis-Wirkstoff THC vergleichbar
  • Synthetische Cathinone: angeboten in Form von Badesalzen; gehören zu den Amphetaminen (ähnlich wie Khat)
  • Phenethylamine: in Tabletten- oder Pulverform vertrieben; wird oft als Ecstasy beworben
  • Piperazine: verkauft als Pulver oder Pillen; ebenfalls häufig als Ecstasy angeboten
  • Tryptamine: auf dem Markt als Pulver erhältlich, ist den Indolalkaloiden zuzuordnen (hierzu gehört z. B. Strychnin)

2016 reagierte die Bundesregierung mit einem Gesetz, das die Verbreitung der Legal Highs stoppen sollte, dem „Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz“ – kurz: NpSG. Erstmals wurden ganze Stoffgruppen verboten. Viele der Legal Highs sind durch das neue Gesetz auch vom Markt verschwunden. Doch es ist schwierig, den gesamten Internet-Versand zu überwachen und die im Ausland agierenden Anbieter zu belangen, die immer wieder neue „legale“ Stoffgruppen entwickeln. So brummt das Geschäft mit den neuen Drogen weiter. Und die Kundschaft wird immer jünger, sagen die Experten der Internetplattform Jugendschutz.net und des Bundeskriminalamts (BKA). Die Klientel, die sich mit Online-Substanzen versorgt, ist in der Mehrheit zwischen 15 und 23 Jahren. Besorgniserregend: Innerhalb weniger Jahre hat sich die Zahl der Toten in Deutschland fast verzehnfacht.

„Neue Feelings erleben“

Die Online-Shops, über die man sich die Drogen bestellen kann, werben weiter ganz offen für ihre Produkte (man findet sie ganz leicht über Internet-Suchmaschinen, sie sollen hier dennoch nicht genannt werden). Da heißt es zum Beispiel „Schöööne Sache – nur für Euch, liebe Kinder!“ oder: „Das knallt legal“. Und weiter geht’s in schrägstem Dealer-Deutsch: „Wer immer auf der Suche nach dem richtig einmaligen Kick ist und Neuheiten kennenlernen will, ist (hier) richtig aufgehoben … Mit einem Kauf kannst Du der Erste sein, der das Hochgefühl erlebt und sich in eine vollkommen andere Welt katapultiert … Der Einkauf lohnt sich gerade dann, wenn Du gerne neue Feelings erleben willst, die alles toppen, was bisher da gewesen ist.“ „Kundenfreundlich“ wird auch darauf hingewiesen, dass die Substanzen zwar richtig high machen können, man deshalb vor Polizei und Justiz dennoch keinerlei Angst haben muss: „Das (in den speziellen Räuchermischungen verwendete) Öl stammt aus rein medizinischen und hochwertigen Cannabispflanzen – es enthält aber 0 Prozent THC. Dieses Öl verspricht eine absolut positive Wirkung, die schon viele Kunden begeistert hat. Dabei bleibt es aber wie gewohnt legal und ist natürlich nicht nachweisbar. Das ist der Clou…“

Grundstoffe kommen aus China

Im September 2018 wurde bei ZDFinfo eine Dokumentation mit dem Titel „Legal Highs – Todesdrogen aus dem Internet“ ausgestrahlt. Die Doku ist weiter hochaktuell, bestätigt eine Nachfrage bei der Polizei. Über die Hersteller der synthetischen Drogen heißt es in dem Bericht: „Die Grundstoffe kommen hauptsächlich aus Laboren in China und werden dort von Profi-Chemikern produziert und in großen Mengen nach Europa gebracht. Hier geht es dann auf zwei Wegen weiter: Neben den Legal Highs werden sie auch als Reinsubstanz – als sogenannte Research Chemicals – auf den Markt gebracht. Jeder kann sie so im Internet bestellen. Auf verschiedenen Internetseiten bieten die Hersteller sogar noch Gratisdrogen zur Bestellung – je mehr man kauft, desto mehr gibt es kostenlos obendrauf…“ Das Fazit der Doku-Filmer: Der Legal Highs wird man allein mit Verboten nicht Herr werden, die Anbieter sind zu kreativ. Man müsse stattdessen an die Kunden heran, ihnen Alternativen bieten.

Rauschzustand per App

In den USA tut man das bereits. Dort wird über eine Technologie nachgedacht, die einen „ungefährlichen Rausch“ ermöglichen soll. Das Start-up Thync aus dem kalifornischen Silicon Valley verspricht einen Rauschzustand per App – je nach Geschmack stimulierend oder sedierend. Für unter 300 Dollar bekommt man ein Gadget, das man sich über der Augenbraue auf die Stirn klebt. Es soll genau dieselben Gehirnregionen stimulieren wie klassische Drogen, nur eben ohne Nebenwirkungen – und auf Dauer auch deutlich günstiger als die Verwendung von Legal Highs. Allerdings äußerten sich die ersten Testerinnen und Tester eher enttäuscht: Statt des Endorphinschubs bekamen die meisten nur Kopfweh … (RT)

 

Legaler Rausch
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