Deutschland ist ein Paradies für (illegalen) Waffenhandel und wird es wohl auch bleiben…
Deutschland hat bereits eines der schärfsten Waffengesetze der Welt. Nach dem Amoklauf von München zieht die Große Koalition Nachbesserungen in Betracht. Wird das helfen, solche Taten in Zukunft zu verhindern? Wohl kaum, sagen Sicherheitsexperten. Wer den Antrag auf eine Waffenbesitzkarte stellt, muss extrem hohe Hürden überwinden: Neben einer Prüfung der persönlichen Eignung des Antragstellers muss dieser in den meisten Fällen auch eine sachkundliche Prüfung ablegen und ein „Bedürfnis“ nachweisen können, was fast nicht möglich ist. Wer kein Jäger, Sportschütze oder Waffensachverständiger ist, hat in der Regel kaum Chancen auf den Erwerb einer solchen Besitzkarte.
Was (und warum) also hier Nachbessern?
Das Problem liegt nicht bei den legal erworbenen Waffen, sondern bei denen, die illegal erworben wurden, wissen alle, die sich mit dem Thema auskennen. Und daran kann eine noch so restriktive Waffengesetzgebung wenig ändern. Man kann maximal versuchen, die Zahl der „Illegalen“ zu reduzieren und den Handel zu erschweren. Doch dafür müsste man erst einmal wissen, wie viele es von ihnen gibt. Das ist jedoch gar nicht so einfach herauszufinden. Im Internet geistern verschiedene Zahlen herum. Besser ist es, sich amtliche Zahlen einzuholen – vom Nationalen Waffenregister, kurz: NRW. Das gibt es seit 2013 und dort werden Daten zu Waffenbesitz in Deutschland gesammelt. Laut dem NRW gibt es aktuell 5,83 Millionen legale Waffen in Deutschland (zum Vergleich: in den USA sind schätzungsweise 300 Millionen scharfe Waffen in Privatbesitz) – die meisten in Bayern, fast 1,2 Millionen, die wenigsten in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg, Bremen, in Niedersachsen immerhin etwa 660.000. Etwa 15 bis 20 Millionen Waffen sollen hierzulande unangemeldet, also illegal im Umlauf sein. Unglaublich: In Deutschland kann jeder fast überall und kinderleicht an eine Schusswaffe herankommen, heißt es von der Polizeigewerkschaft GdP. Sogar an eine Maschinenpistole oder an ein Sturmgewehr. Wie? Zum Beispiel, indem man „Dekowaffen“ kauft – so wie es schon die Attentäter getan haben, die die Redaktion des französischen Satiremagazins „Charlie Hebdo“ überfielen und zwölf Personen erschossen. Dekowaffen sind Waffen, die mehr oder weniger aufwendig unbrauchbar gemacht wurden. Das Problem: Wer sich auskennt, kann fast jede umgearbeitete Dekowaffe wieder schussfähig machen. Mit ein wenig handwerklichem Geschick dauert das keine Stunde. Unternehmen und obskure Einzelhändler im Ausland, auch innerhalb der Europäischen Union, verkaufen seit Jahren solche Dekowaffen. Sie sind oft nur mit sehr dünnen Stahlstiften blockiert. Bis vor kurzem konnte man beispielsweise in der Slowakei und anderen Ländern in Osteuropa solche Waffen ganz offiziell und ohne Angst zu haben, dass am nächsten Morgen die Polizei das eigene Haus stürmt, bestellen. Jetzt ist das etwas schwerer geworden, aber auch nicht sehr.
Und es gibt ja auch immer noch das Darknet – die
Unterwelt des Internets
Das Darknet ist eine Art geheimes Web. Goo-gle und andere Suchmaschinen können die Seiten nicht finden. Man kann sie nur aufrufen, wenn man genau weiß, wo man suchen muss und die richtige Software verwendet. Das bekannteste Tool ist der Tor-Browser. Drogen werden hier ver-kauft, Kinderpornos auch. Und haufenweise Waffen. Der kriminelle Onlinehandel erlebt gerade eine Gründerzeit. Vor allem in Deutschland. „Wir sehen da eine neue Generation von Tätern“, sagte Carsten Meywirth, Leiter der Cybercrime-Bekämpfung im Bundeskriminalamt in Wiesbaden, dem Nachrichtenmagazin Spiegel. Einer dieser neuen Tätertypen ist ein unscheinbarer Student aus Schweinfurt. Der 26-Jährige funktionierte aus dem Darknet beschaffte Dekowaffen zu Maschinengewehren um und verkaufte diese an Kunden in ganz Europa. Ein Sondereinsatzkommando nahm ihn fest. Urteil: Vier Jahre und drei Monate Gefängnis.
Eher selten gefasst werden die vielen Waffenschmuggler vornehmlich aus dem ehemaligen Jugoslawien. Nach einer Studie des „Flemish Peace Institute“ in Brüssel wird der größte Teil der illegalen Waffen aus den Balkanländern in andere europäische Staaten geschmuggelt. „Wir sprechen von Serbien, Kroatien, Bosnien, Albanien – man kann sagen, dass viele dieser Länder ein Problem mit den illegalen Waffen haben“, sagt einer der Autoren der Studie, Nils Duquet. „Es sind die Waffen, die nach den Balkan-Kriegen in den Händen der Leute blieben.“ Viele Schmuggler nutzen und nutzten die Flüchtlingsströme, um dort quasi unter- und abzutauchen. Das ist ein offenes Geheimnis. Und liegt ja auch auf der Hand: Die offenen Grenzen erleichtern auch noch die düstersten Geschäfte. Es gibt Berichte, nach denen in den letzten 12 bis 18 Monaten bis zu einer Million Schusswaffen illegal nach Deutschland gelangt sind. Was treibt die Leute zu den Waffen? Ein Polizeioberkommissar, der anonym bleiben möchte: „Die Zahl der Waffen steigt stetig, weil der Bürger vor zunehmender Kriminalität Angst hat und sich vom Staat im Stich gelassen fühlt. Und ich kann ihm das nicht verdenken.“ Wer kann, hilft sich selbst. Seit gut zwei Jahren steigt bundesweit die Zahl der Anträge für den sogenannten kleinen Waffenschein für Reizgas- und Schreckschusspistolen sowie Signalwaffen (in Niedersachsen: + 35 Prozent). Die Erlaubnis zum Mitführen kann jeder ab 18 Jahren beantragen. Vorausgesetzt er hat keine Vorstrafe über 60 Tagessätze und ist nicht drogenabhängig. Außerdem benötigt man ein Zeugnis der Behörden über eine entsprechende Eignung. Der Besitz dieser Waffen allein ist dagegen auch ohne Erlaubnis straffrei. Polizisten halten allerdings nicht viel von den Gaswaffen zum Eigenschutz: Im Ernstfall würden sie nur wenig nützen, heißt es. Außerdem sehen die Waffen täuschend echt aus, sind von einem scharfen Modell, möglicherweise illegal beschafft, auf den ersten Blick nicht zu unterscheiden. Das kann zu einer folgenschweren Verwechslung führen. Und diesem Risiko sollte man sich lieber nicht aussetzen …
Waffenbesitzkarte:
Erteilung
Wenn Sie sich eine Waffe zulegen wollen, benötigen Sie zunächst einmal eine Waffenbesitzkarte. Die Berechtigung zum Kauf der Munition muss extra eingetragen sein. Die Waffenbesitzkarte beinhaltet keine Erlaubnis, die Waffe außerhalb ihrer Wohnung mit sich zu führen. Dazu berechtigt nur der Waffenschein in Verbindung mit der Waffenbesitzkarte. (RT)
Zuständig ist hier der Fachdienst 41 Ordnung und KFZ-Zulassungen – Landkreis Lüneburg – Landwirtschaft, Jagd, Waffen,
Tel. (0 41 31) 26 12 20 sowie (0 41 31) 26 12 23.