Donata Burmester will in Deutschland afrikanische Mode online verkaufen
Die gebürtige Kenianerin Donata Burmester lebt seit mehr als 25 Jahren in Deutschland. Ihrem Heimatland und -kontinent fühlt sie sich aber nach wie vor verbunden. Mit einem Online-Shop will sie jetzt afrikanische Mode und Accessoires nach Deutschland bringen.
Geboren ist Donata Burmester in einem kleinen Dorf in Kenia, aufgewachsen in der zweitgrößten Stadt Kenias, Mombasa. Ihre Mutter war 16, als sie sie zur Welt brachte, und so wurde Donata im Kreis der Familie großgezogen. „Wir waren es gewohnt, bei den Tanten oder Oma zu sein”, erinnert sich die 39-Jährige. Eine von Donatas Tanten, die mit einem Deutschen verheiratet war und in Neetze lebte, holte sie schließlich zu sich nach Deutschland, als Donata zwölf war. Auf ihren Umzug vorbereitet wurde das junge Mädchen damals nicht. „Ich war in Kenia im Internat. Eines Tages hat mich meine Mutter von der Schule abgeholt und mir gesagt, dass es morgen nach Deutschland geht”, erzählt sie, „dann sind wir losgegangen und haben Klamotten für Deutschland gekauft. Am nächsten Tag bin ich mit meiner Mutter rübergeflogen.” In Deutschland lebte sich Donata Burmester schnell ein. Ihre Tante und deren Mann, die das Mädchen adoptiert hatten, waren für sie wie Eltern. Zum Deutschlernen wurde sie ein paar Jahrgänge niedriger in der Grundschule in Neetze eingeschult. Für Heimweh hatte Donata keine Zeit: „Ich habe mich nicht damit beschäftigt, ob ich zurück will. Ich war damit beschäftigt, was um mich herum passiert.” Das Leben in Deutschland war für die Kenianerin eine Umstellung. „Es war für mich ganz neu, dass man spätabends noch raus kann”, erinnert sie sich. „Außerdem hatte ich nicht mehr so viele Aufgaben im Haushalt. Zu Hause war ich die große Schwester und habe Wäsche gewaschen, gekocht und auf die Geschwister aufgepasst. Auch im Internat habe ich noch auf sie aufgepasst, aber das musste ich jetzt nicht mehr.” Donatas jüngere Schwester kam ein paar Jahre später auch zur Tante nach Neetze, während ihr Bruder in Kenia blieb. Ihre leibliche Mutter bemühte sich zu dieser Zeit, sie mindestens alle zwei Jahre in Deutschland zu besuchen.
Von klein auf Liebe zur Mode
In ihrer Pubertät geriet Donata Burmester oft mit ihrer Tante aneinander – so schlimm, dass diese sie nach Kenia zurückbringen wollte. „Sie wollte nicht, dass ich in die Disco gehe oder dass ich abends rausgehe, ich sollte keine kurzen Röcke tragen…”, berichtet die 39-Jährige. Es gab viele Diskussionen innerhalb der Familie, auch in Kenia, doch Donata blieb in Deutschland. Mit 16 Jahren zog sie schließlich in ein Jugendwohnheim in Lüneburg und wechselte von der Schule in Bleckede nach Oedeme, wo sie ihren Realschulabschluss machte. Donata Burmester hegte von klein auf eine Leidenschaft für Mode und wollte Modedesignerin werden. „Das Wohnheim hat mich aber wohl so geprägt, dass ich dann Sozialpädagogin werden wollte”, erzählt sie schmunzelnd. Kurz nach dem Beginn ihrer Ausbildung wurde sie schwanger und unterbrach diese, um sich um ihren Sohn zu kümmern. Den Kleinen zog Donata alleine in Lüneburg groß, heute ist er fast 18 und lebt bei seinem Vater in den USA. Nach einem Jahr Erziehungszeit nahm Donata ihre Ausbildung wieder auf, anfangs an der Fachschule für Sozialpädagogik in Lüneburg, später in Hamburg. „Mein Ziehvater und meine Schwester waren zu der Zeit eine große Hilfe”, erklärt sie.
Afrobeat-Konzerte & Laufstegpartys
Nach ihrer Ausbildung arbeitete Donata zunächst in einem Jugendzentrum, später in dem Lüneburger Jugendwohnheim, in dem sie als Jugendliche gelebt hatte. Seit sieben Jahren hat sie nun eine Teilzeitstelle im Kindergarten in Melbeck. Ihren Hang zur Mode hat sie aber noch nicht abgelegt: „Ich hatte nach der Ausbildung überlegt, noch Modedesign zu studieren, aber das hätte mir zu lange gedauert.” Stattdessen rutschte sie durch ihren ghanaischen Freund, der einen Club in Hamburg hatte, in den Eventbereich, übernahm die Aufgaben einer Assis-tentin für ihn. Neben der Arbeit belegte sie einen fünfmonatigen Eventkurs. Donata Burmester reist regelmäßig in ihr Heimatland. Ein- bis zweimal pro Jahr besucht sie ihre Verwandtschaft in Kenia, knüpft aber auch Kontakte. Ihre Identität als Afrikanerin oder „Afrodeutsche”, wie sie sich nennt, ist ein wichtiger Teil von ihr, und so hat sie sich auch im Eventbereich auf Afrika spezialisiert. In unregelmäßigen Abständen organisiert sie Afrobeat-Konzerte und -Partys in Hamburg und Umgebung, aber auch Laufstegpartys und Modenschauen afrikanischer Designer. Auch den Wettbewerb „Miss Kenya Germany”, der bereits in unterschiedlichen deutschen Städten ausgetragen wurde, etablierte die 39-Jährige in Deutschland. Für diese Arbeit ist Donata sehr aktiv in den sozialen Netzwerken, recherchiert nach afrikanischen Künstlern, sucht sie aus und schreibt sie an. Bei den Konzerten, die sie gemeinsam mit ihrem Freund organisiert, wird möglichst ein Künstler aus der Region als Voract eingebunden, entweder deutsche Afrobeat-Künstler oder Afrikaner, die in Deutschland leben. Die Vorbereitungen sind aufwendig, heraus kommen ein bis zwei große Events im Jahr. Das Interesse für den Afrobeat kam bei Donata erst mit 17 Jahren auf. „Vorher hatte ich alles durchgemacht, ob Hip Hop, Goa oder Punk. Dann habe ich mich auf meine Wurzeln besonnen”, erklärt sie.
Mode ausgesuchter Designer
Die Abschlussarbeit für ihren Eventkurs war die Vorbereitung eines Africa Fashion Days. Als sie diesen später in die Tat umsetzen wollte, erfuhr sie jedoch, dass es dieses Event bereits in Berlin gibt. Ihre Leidenschaft für die Mode, vornehmlich afrikanische, trieb die Kenianerin schließlich dazu an, ein Unternehmen zu gründen. Ihre neue Geschäftsidee heißt „Afroschick” und ist ein Online-Shop für afrikanische Mode und Accessoires. „Es gibt Online-Shops für afrikanische Mode in den USA, England und den Niederlanden, aber nicht in Deutschland”, so Donata, die sich von ihrer Idee viel verspricht. In ihren Augen macht Afroschick aus vielerlei Hinsicht Sinn: Wer afrikanische Mode im Ausland oder gar in Afrika selbst bestellt, wartet bis zu sechs Wochen auf seine Ware. Der Kundenservice ist nicht deutschsprachig, was zu Schwierigkeiten bei Reklamationen oder im allgemeinen Kundenkontakt führen kann. Auch die Bezahlung der Ware ins Ausland ist komplizierter, und ob sie überhaupt in Deutschland ankommt, ist ungewiss. Mit Afroschick will Donata Burmester die original afrikanischen Waren von ausgesuchten Designern in die Kleiderschränke der Deutschen bringen. Noch hat Donata keine Ware auf Lager, denn das Unternehmen steht noch am Anfang und soll Ende des Jahres umgesetzt werden. Bei einem Startup-Weekend in Lüneburg lernte die Gründerin Sven Kohagen kennen, der sie zukünftig bei Afroschick als Partner begleiten wird. Mit ihrer Idee nahmen sie auch am Heidecrowd-Contest der IHK teil, denn Crowdfunding wäre eine gute Möglichkeit der Erstfinanzierung. In ihrer Freizeit trägt Donata Burmester selbst gerne afrikanische Mode. „Viele denken, dass afrikanische Mode immer nur bunt ist, es gibt aber auch andere Designer”, erklärt sie. Sie möchte in ihrem Online-Shop Alltagskleidung und Streetwear, aber auch Bademode bis hin zu High-End-Fashion anbieten. „Wir wollen alle ansprechen, nicht nur Afrikaner”, betont sie. Sie kann sich gut vorstellen, dass bei den deutschen Kunden vor allem afrikanischer Schmuck und Schals gut ankommen könnten. „Es geht mir um Produkte, die in Afrika hergestellt werden. Die meisten Designer versuchen, alles in Afrika zu produzieren – nur mit solchen wollen wir arbeiten.” Donata Burmester und Sven Kohagen stehen kurz vor der Unternehmensgründung, momentan finanzieren sie alles mit privatem Geld. Donata möchte in Deutschland bekannte Marken aus Afrika vertreiben. Ihre Herkunft könne ihr dabei zu mehr Authentizität verhelfen, glaubt sie. Zwar werde auf afrikanischen Festen und Märkten in Deutschland auch Mode verkauft, doch nur No-Name-Produkte.
Kontakte knüpfen in Afrika
Ihr Arbeitgeber kennt Donatas Leidenschaft zur Mode. Sollte Afroschick eines Tages richtig gut laufen, würde sie ihren Job im Kindergarten aufgeben. Doch bis dahin gibt es noch viel zu tun. „Ich bin ziemlich geduldig und hartnäckig”, sagt die Gründerin. „Im ersten Jahr machst Du nur Werbung und verdienst noch kein Geld, vielleicht auch in den ersten zwei Jahren. Am Anfang müssten wir auch jedes Paket noch selbst zur Post bringen.” Donata hat Kontakt zu vielen Designern in Afrika und trifft sich auch bei ihren Familienbesuchen vor Ort mit ihnen. Einige haben bereits Interesse an ihrer Geschäftsidee gezeigt. Sie hofft, dass die Designer ihr als Vorschuss Kleidung für ihr Lager zur Verfügung stellen – das wäre zunächst ihr eigener Keller. „Wir wollen natürlich große Mengen erreichen, erst dann kann man Geld verdienen.” Auch über einen Laden mit afrikanischer Mode hat Donata schon nachgedacht, doch sie scheut die Kosten und wünscht sich eine größere Reichweite. „Ein Pop-Up-Store wäre aber möglich, indem man ab und zu etwas mietet.” Donata Burmester ist optimistisch, was den Aufbau ihres Online-Shops angeht. „Wenn es ein paar Jahre nicht läuft, dann mache ich das underground und verkaufe die Klamotten aus dem Keller”, meint sie schmunzelnd. Alt werden will die Kenianerin in Deutschland aber nicht. Ihre Familie und das warme Wetter ziehen sie immer wieder in ihre Heimat zurück, zumal ihre Tante, die für sie wie eine Mutter war, bereits 2006 verstorben ist. Ihre leibliche Mutter ist nach all den Jahren erstaunt, wie afrikanisch ihre Tochter geblieben ist. „Aber sie finden mich teilweise schon typisch deutsch.” (JVE)