Viele Hunde werden zu chronisch kranken Krüppeln herangezüchtet und leiden ihr Leben lang
Atemprobleme, Bandscheibenvorfälle, schlimmste Hüftgelenks- und Kniegelenksprobleme, Herzprobleme, Kulleraugen, die fast schon aus den Höhlen fallen: Der Mensch hat durch gezielte Zucht laut dem größten kynologischen Weltdachverband (www.fci.be) inzwischen über 390 verschiedene Rassen „geschaffen“. Darunter leider auch viele, deren einziger Zweck es zu sein scheint, Mode- oder Statussymbol zu sein. Warum muten wir das den Tieren zu? Sind die Teacup-Hündchen, die von abgehobenen Social- Media-Sternchen wie Paris Hilton und Co. mehr als Mode-Accessoire präsentiert werden denn als Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen, wirklich so putzig? Oder sollte man sie nicht besser bemitleiden?
Ausstellung von Qualzuchten wird verboten
Mit einer Neuregelung der Tierschutz-Hundeverordnung will nun Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner für eine artgerechtere Haltung und Züchtung von Hunden sorgen. Verboten werden soll zum Beispiel. die Ausstellung von Hunden, die Merkmale von so genannter Qualzucht aufweisen, also zuchtbedingt unter Schmerzen und gesundheitlichen Problemen leiden. Tierschützer und Tierärzte haben schon vor Jahren härtere Maßnahmen gegen die Qualzucht gefordert. Doch bisher nicht mit großem Erfolg, beklagt man auch beim Tierschutzverein Lüneburg: „Wir brauchen einfach viel härtere Strafen!“ Das Problem: Es fehlt nach wie vor an klaren Kriterien, um Qualzucht objektiv feststellen zu können. Und für Kontrolle und Nachweis fehlt den Veterinärämtern häufig ganz einfach die Zeit. Obwohl man es beim Blick auf manchen traurigen Vierbeiner nicht mehr so recht glauben mag: Jeder heutige Haushund ist nachweislich auf den domestizierten Wolf zurückzuführen. 15.000 Jahre Domestizierung haben das Bild des Wolfes jedoch stark verändert und uns eine Rassenvielfalt vom Zwergdackel bis zum Bernhardiner geschenkt. Bei allen diesen Hunden beziehungsweise. Hunderassen liegt Schönheit im Auge des Betrachters, und Modetrends sind veränderlich. So kommt es etwa, dass ein Hund auf einem alten Gemälde oder Foto zwar noch als Vertreter der heutigen Rasse gilt, aber sich drastisch vom heutigen Idealbild seiner Rasse unterscheidet. Eklatantes Beispiel für Qualzucht, bei der Züchter Schmerzen, Mutationen und Verhaltensstörungen von Tieren wissentlich in Kauf nehmen, sind Nackthunde. Die haarlos gezüchteten Tiere haben eine Immunschwäche, Gebissfehlstellungen, frieren schnell und bekommen rasch einen Sonnenbrand. Aber auch Schäferhunde, französische und englische Bulldoggen und vor allem der so beliebte Mops müssen leiden.
Die Hölle für die Tiere
Schaut man sich etwa eine Illustration von 1927 in Brehms Tierleben an, hat der Mops einen langen Kopf und eine noch sichtbare Schnauze – heute leidet fast jeder Mops unter extremer Atemnot, weil die Nasen plattgezüchtet sind. Nicht selten müssen sie für viel Geld operiert werden, sonst würden sie elendig krepieren, weil sie einfach keine Luft mehr bekommen. Vor allem heiße Sommer sind die Hölle für die Tiere. Sie können sich nicht abkühlen – weil die Nase einfach viel zu kurz ist. Denn bei Tieren mit gekürzter Nase, auch brachyzephal genannt, lassen die feinen Lamellen der Nasenmuscheln kaum noch Luft durchströmen. Eine Umfrage unter Besitzern von Hunden mit Brachyzephalie ergab, dass über die Hälfte der Hunde Atemprobleme beim Schlafen haben und unter Erstickungsanfällen leiden – 24 Prozent der Tiere versuchen daher, im Sitzen zu schlafen. 77 Prozent haben Probleme beim Fressen, gut die Hälfte erbrechen sich mehr als einmal am Tag, und jeder dritte Hund ist schon einmal aufgrund von Atemnot umgefallen. In der Sendung Panorama – Die Reporter im NDR wird der Hamburger Tierarzt Rolf Deckena zitiert, der täglich Hunde mit Dauerleiden in seiner Praxis behandelt: „Die sind so weit weg von der Natur des Hundes, dass die jeden Tag einen Preis dafür zahlen, dass sie so aussehen. Die können nicht laufen, die können nicht fressen, die können nicht schlucken, die können nicht schlafen, die können nicht gucken.“ Andere Länder sind rigoroser im Kampf gegen das Qualzüchten als Deutschland. Die Niederlande haben die Zucht von kurznasigen Hunden aller Rassen, einschließlich der Mischlinge, grundsätzlich verboten, soweit deren Nasenlänge nicht mindestens ein Drittel der Kopflänge beträgt. Für die Rasse Mops bedeutet dies, dass mit Möpsen nur gezüchtet werden darf, wenn die Nasenlänge mindestens ein Drittel der Kopflänge beträgt. Liegt die Nasenlänge unter einem Drittel, steht die Züchtung unter Strafe.
Warum geht das nicht hier?
Qualzucht ist keineswegs nur auf Hunde beschränkt. Jeder, der sich ein Tier zulegen will, kann jedoch etwas gegen das Leid tun, zum Beispiel nur von seriösen Züchterinnen und Züchtern kaufen, die um die Problematik bestimmter Erscheinungsformen wissen und auf exotische Besonderheiten verzichten. (RT)